Die AfD stabilisiert sich

von Lisa Krug
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 192 - September | Oktober 2021

#MecklenburgVorpommern

Der Höhepunkt des Superwahljahres 2021 ist vorüber: Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde gewählt. Die
»Alternative für Deutschland« zog mit Verlusten zum zweiten Mal in den Landtag ein.

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Wahlkampfauftakt im August 2021 in Schwerin mit Chrupalla, Weidel, Holm und Kramer.

Mecklenburg-Vorpommern hat einen neuen Landtag. Als klare Siegerin mit einem rekordverdächtigen Ergebnis von 39,6 Prozent geht die SPD aus diesem Wahlkampf hervor. Ähnlich wie im Bundesergebnis musste auch die CDU an der Ostsee einen derben Rückschlag erleben und überzeugte lediglich 13,3 Prozent der Wähler*innenschaft. Damit landet sie abermals hinter der »Alternative für Deutschland« (AfD), die trotz Verlusten von 4,1 Prozent weiterhin zweitstärkste Partei bleibt, mit noch 16,7 Prozent der Zweitstimmen. Als Konsequenz aus der CDU-Wahlniederlage traten der Landesvorsitzende Michael Sack und der Generalsekretär Wolfgang Waldmüller bereits einen Tag später zurück. Von der AfD werden zukünftig ihr Spitzenkandidat Nikolaus Kramer und 13 weitere Abgeordnete im Landtag sitzen. Lediglich Thomas de Jesus Fernandes und Stephan Reuken haben neben Kramer die innerparteilichen Streitigkeiten überstanden und konnten ein zweites Mal einziehen. Die restlichen Mandate sind eine komplette Neubesetzung, von denen zwar einige bereits Erfahrungen in Kommunalparlamenten sammelten oder bereits als Referent*innen tätig waren, aber keine direkten Erfahrungen auf Landesebene mitbringen.

Neu ist immer besser?
Ein nahezu völliger Austausch der AfD-Landtagsfraktion ist vielleicht nicht verwunderlich in Anbetracht der internen Zerwürfnisse vor und während des Wahlkampfes. Vor allem die AfD zeigte abermals der Bevölkerung auf, dass sie mehr mit sich selbst als mit den Interessen der Wähler*innen beschäftigt ist. Auch wenn sie auf ihren eigenen Kanälen offiziell eine geschlossene Linie zu präsentieren versucht, wurden die Schlagzeilen der vergangenen Monate von Streitigkeiten oder Parteiausschlüssen dominiert.

So lief entgegen ihrem auferlegten Wahlmotto »MV. Aber normal« der erste Listenparteitag im Mai alles andere als normal ab. Eigentlich sollte die komplette Landesliste mit den Kanditat*innen für die anstehende Landtagswahl beschlossen werden. Doch gerade einmal zehn der geplanten 30 Listenplätze wurden gewählt, bis nach zähen Debatten und etlichen Problemen bei der Stimmenauszählung der Parteitag in der Nacht abgebrochen wurde. Als größter Verlierer dieses Abends ging der ehemalige CDU-Politiker Hagen Brauer hervor, der erkennen musste, dass ihm ausgerechnet die Parteibasis ihre Zustimmung verweigerte. Bereits zuvor scheiterte er daran, sich als Direktkandidat im eigenen Kreisverband Schwerin aufstellen zu lassen. Brauer trat nach dem desaströsen Ergebnis von seinem Amt als Co-Landesvorsitzender zurück. Der zweite Listenparteitag einen Monat später verlief ähnlich zähflüssig. Schlussendlich wurden nur 23 Kandidat*innen aufgestellt. Auffällig war bereits dort, dass sich auf der Liste ein Großteil Kommunalpolitiker*innen und Unbekannte befanden, die bislang kaum öffentlich in Erscheinung getreten waren.

Die »Gurkentruppe«
Neben den freiwilligen Rücktritten scheute sich die AfD trotz laufenden Wahlkampfes nicht davor, Mitglieder aus der Partei zu werfen oder Ausschlussverfahren anzustoßen. Vor Kurzem traf dieses Schicksal den Rechtsprofessor Ralph Weber, den der Landesverband aufgrund seines parteischädigenden Verhaltens loswerden wollte. Weber, der dem rechten »Flügel« zuzuordnen ist, fiel in der Vergangenheit schon öfter mit seinem losen Mundwerk auf und hat jetzt anscheinend den Zenit überschritten.

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Beim zweiten Listenparteitag in Wittenburg habe er die aufgestellten Kandidat*innen als »Gurkentruppe« bezeichnet und sich ihnen gegenüber verächtlich geäußert, nachdem er selbst keine der begehrten Kandidaturen ergattern konnte. Das hat den Kragen des Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm zum Platzen gebracht: »Das geht einfach nicht, wir wollen eine seriöse Partei sein«, äußerte er sich gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk. Die Entscheidung über den Ausschluss steht aber noch aus. Offensichtlich nahmen ihm auch andere Mitglieder dieses Verhalten übel: Nach seinen unangebrachten Äußerungen während des Parteitages ließ Webers Kreisverband über sein Direktmandat neu abstimmen. Er verlor die Wahl und verpasste so die letzte Chance in den Landtag gewählt zu werden. Aber die Schlammschlacht ging weiter: In einem Facebook-Beitrag gut drei Wochen vor der Wahl erhob er gegen mehrere Mitglieder Vorwürfe unter der Rubrik »kriminelle Gurken«. Zwar sind die Enthüllungen über die Betroffenen nicht neu, dennoch dient es dem Zweck, der Partei kurz vor der Wahl maximalen Schaden zuzufügen. Einige wollen nun rechtlich gegen Weber und seine Anschuldigungen vorgehen.

Damit hat die AfD abermals gezeigt, dass sie sich auch in Mecklenburg-Vorpommern weit weg vom gewünschten Image einer »seriösen Partei« bewegt. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass sie es trotz des chaotischen Wahlkampfes schaffte, ihren Platz als stärkste Oppositionspartei im Landtag zu sichern.