Gipfelkreuz und Lederhose
von Robert Andreasch
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016
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Die Aufmärsche der IB an der deutsch-österreichischen Grenze zwischen Freilassing und Salzburg erwiesen sich als Sammelbecken für AnhängerInnen aus dem gesamten Bundesgebiet und Österreich, es kamen aber auch Burschenschafter, AfDlerInnen, Mitglieder der süddeutschen Neonazi-Szene sowie der verrohte BürgerInnenmob der Region. Die Kontakte ins benachbarte Österreich sind bei der IB Bayern ohnehin eng. Im Imagevideo »Zukunft für Europa« der deutschen und österreichischen IB treten neben dem Gesicht der IB Österreich, Martin Sellner, vor allem Sebastian Zeilinger und andere bayerische Kader vor die Kamera.
Als Organisation bietet die IB Bayern Events an, an denen sich Neonazis wie Lorenz Maierhofer (ehemals »Freies Netz Süd«) genauso beteiligen können wie AktivistInnen der »Alternative für Deutschland«, Neu-Rechte wie Felix Springer – Autor des Magazins »Sezession« oder Burschenschafter der »Münchner Burschenschaft Danubia«. Auch der von Dortmund nach München gezogene Lukas Bals (ehemals »Die Rechte«, »PEGIDA München«) trägt das blaue T-Shirt der IB Bayern und verteilt in der Münchner Innenstadt ihre Flugblätter gegen den »Großen Austausch«.
Am 31. Juli 2016 rief die IB zu einer Kundgebung vor der bayerischen Staatskanzlei in München auf, um ihre rassistische Forderung nach einer Massenausweisung («Remigration«) zu bekräftigen. Die 50 Teilnehmenden setzten sich vor allem aus bundesweit angereisten Kadern zusammen: Robert Timm und Anhang aus Berlin, Daniel Fiß aus Mecklenburg-Vorpommern sowie IB-AktivistInnen aus Niedersachsen. Eine öffentliche Wirkung erzielte die kurze Kundgebung nicht. Mangels Masse, zündender Reden oder Wind für die mitgebrachten Fahnen, hatten auch die angereisten eigenen Medienteams keine Motive für ein neues Video. Von nun an meldete die IB keine Versammlung mehr an, stattdessen intensivierten Zeilinger & Co. jetzt die Bildung von Ortsgruppen der IB.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der IB, Sebastian Zeilinger, der Sympathien für die bündische Jugendbewegung hat, sorgt dabei für eine auffallend traditionalistische Ausrichtung der »Regionalgruppe Bayern«. Blondbezopfte Frauen in Röcken und junge Männer in Trachtenhemden und Lederhosen prägen die Außendarstellung. Die AktivistInnen posten in sozialen Medien eine Menge Bergfotos. »Heimat« wird bei der IB Bayern – wo lediglich ein geringer Teil Schwabens und Oberbayerns in den Alpen liegt – völlig verkitscht ausschließlich über Wald- und Bergaufnahmen repräsentiert. Zuwanderung, so wird suggeriert, zerstöre Berge und Natur irgendwie in ihrer Unberührtheit. Selbst eine private Bergwanderung wird schon einmal zur politischen Aktion (Kraftschöpfen für die »Reconquista«) hochstilisiert. Die vielbeschworene Bewahrung von »Tradition« wird auf das Tragen von Lederhosen (die erst im Nationalsozialismus so richtig popularisiert wurden) und kurzer Dirndl (die ebenfalls aus einer Kleidungsstrategie des Nationalsozialismus herrühren) verkürzt. Die »Identitären« wählen als jenes »Eigene« – was verteidigt werden soll – mit Dirndl und Lederhosen nicht zuletzt das wohl am meisten warenförmig ausgeschlachtete Klischee Bayerns.
Einmal, im September 2016, ging die internationale IB-Medienstrategie auch im Süden auf. Dass die bayerischen AktivistInnen ein Holzlattenkreuz auf den »Schafreuter« im Vorkarwendel trugen, nachdem dort das Gipfelkreuz zerstört worden war, fand nicht nur in sozialen Medien, sondern auch in bayerischen Zeitungen eine größere Resonanz. Der nächste Auftritt der IB konnte daran schon nicht mehr anknüpfen: Junge Frauen im Dirndl verteilten auf dem Oktoberfest Gebäck mit dem Lambda-Logo der IB. Schlagzeilen machte dafür eine ganz andere Aktion: In der Nacht zum 3. August 2016 verursachten Unbekannte in den Straßen um die neue Villa der Münchner »Burschenschaft Danubia« mit Dutzenden IB-Graffitis einen Sachschaden in Höhe von zehntausend Euro.
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