»Sie haben uns nur gegeben, was sie wollen. Nicht, was wir wollen.«

von Caro Keller und Lee Hielscher
Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 162 - September 2016


Die Thematisierung der rassistischen Morde an Enver ?im?ek, Abdurrahim Özüdo?ru, Süleyman Ta?köprü, Habil K?l?ç, Mehmet Turgut, ?smail Ya?ar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kuba??k und Halit Yozgat begann nicht erst im November 2011, als sich durch die Selbstaufdeckung des NSU die Vermutungen vieler Angehöriger bestätigte, dass es sich um rechte Morde handelte. Schon 2006 gingen über 2.000 Menschen, vorwiegend aus den sogenannten migrantischen Communities, in Kassel und in Dortmund auf die Straße, um der Ermordeten zu gedenken und um Aufklärung zu fordern. Sie trugen die Bilder ihrer Väter, Söhne und Brüder mit sich. Damals wurden die Ermordeten noch als Mitschuldige an ihrem eigenen Tod verdächtigt. Trotz der Bemühungen um Öffentlichkeit fanden diese Demonstrationen keine nennenswerte öffentliche Beachtung. Von staatlicher Seite wurden die Demonstrierenden mit Sätzen abgespeist wie: »Ich weiß, dass bei Ihnen eine große Verunsicherung stattfindet, weil es eine ganze Reihe von Gerüchten gibt, die ausländerfeindliche Hintergründe vermuten lassen, für die aber keinerlei Beleg da ist«, so ein Vertreter der Stadt Kassel auf der Demonstration. Auch antifaschistische Initiativen hörten die Stimmen der Betroffenen nicht und gingen den deutlichen Hinweisen auf einen möglichen rechten Hintergrund nicht nach.

Marginalisierung der Angehörigen

Seit 2011 gibt es kein Ausweichen mehr, was die rassistischen Hintergründe der Taten des NSU betrifft. Allerdings nur in einem engen Rahmen: Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe seien EinzeltäterInnen gewesen.
Mit der nachträglichen Anerkennung als Opfer rechter Gewalt setzte sich auch eine staatliche Gedenkmaschinerie in Gang. Denn wo rechte Taten eingeräumt werden müssen, liegt internationale Aufmerksamkeit und Druck auf dem Standort Deutschland. Oft ist die Konsequenz deutsche Gedenkpolitik mit all ihren Widersprüchlichkeiten. Den Anfang machten Versprechen von PolitikerInnen im ganzen Land: Aufzuklären, nicht zu vergessen. Dies entsprach weitestgehend auch den Wünschen der Angehörigen. Schon bald verständigten sich die Bürgermeister der Tatort-Städte auf eine gemeinsame Erklärung sowie die Verlegung von Gedenksteinen.
Was sonst von kleinen Initiativen über Jahre erstritten werden muss, wurde hier von staatlicher Seite eigenständig umgesetzt. Wie heute festgestellt werden muss, jedoch nicht, um die Opfer und Hinterbliebenen anzuerkennen, sondern um die Deutungshoheit zu behalten. Bei den staatlichen Gedenkveranstaltungen wurden die Angehörigen mehr und mehr marginalisiert. Waren sie bei den ersten Gedenkfeiern noch als RednerInnen auf der Bühne – was in einigen Fällen sogar gegen