Krautkrämers Kampf
von Silvia Bleibtreu
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 128 | Januar / Februar 2011
Gegnerforschung aus dem Hause »Junge Freiheit«
Im November 2010 erschien bei der rechtsradikalen Wochenzeitung »Junge Freiheit« die zweite Schrift in der hauseigenen Reihe: »Studien Extremismus und Freiheit«, die ebenso einfältig geriet wie das Debüt.
Der Kampf gegen den »Kampf gegen Rechts« ist steter Bestandteil der Berliner Wochenzeitung »Junge Freiheit« (JF) – geführt vor allem von Felix Krautkrämer. Der 31-Jährige gab im November 2007 seinen Einstand mit der Veröffentlichung »Die offene Flanke der SPD«, die zeigen sollte, dass der Abgeordnete des baden-württembergischen Landtags, Stephan Braun (SPD), der zuvor eine kritische Analyse zur JF mit herausgegeben hatte, über Kontakte ins »linksextremistische« Milieu verfüge (s. DRR Nr. 112). Heute ist Krautkrämer Redakteur für Innenpolitik und verantwortlich für die Online-Redaktion. Sein inhaltliches Steckenpferd: die »Gegnerforschung«. Damit ist er bei der JF an der richtigen Adresse, sieht sie doch Deutschland wechselseitig bedroht von »Ausländern«, Muslimen, »Linksextremisten«, dem »Linkstrend« bei der CDU, Homosexuellen, dem »Werteverfall«?…
Zuletzt rückte Thomas Krüger, seit 2000 Präsident der »Bundeszentrale für politische Bildung«, ins Visier der Zeitung. Letzter Aufreger: seine »Skandalrede« (O-Ton JF) bei der Eröffnung der Tagung »Das flexible Geschlecht: Gender, Glück und Krisenzeiten in der globalen Ökonomie« Ende Oktober 2010. Der »Skandal« : JF-Chefredakteur Dieter Stein wittert ein »Selbstvernichtungsprogramm« am Werk, »das auf systematische Zerstörung von Ehe und Familie abzielt« (JF, 19.11.2010). Krüger mache sich dabei »wirre Thesen feministischer Sektierer zu eigen« und plädiere »für die Abschaffung der biologischen Geschlechter« (JF, 26.11.2010). Der verheiratete zweifache Vater Krautkrämer legte nach. Er möchte das Zusammenspiel zwischen der Wochenzeitung ›Die Zeit‹, dem ›Netz gegen Nazis‹, der Bundeszentrale für politische Bildung und der »linksextremen Szene« offen legen. Im Grunde ist der Inhalt schnell erzählt und funktioniert in etwa so: Bei Institution A schreibt Autor X, der wiederum auch bei Zeitung Y schreibt, bei der wiederum Anhaltspunkte vorlägen, dass dort vermeintliche »Linksextremisten« mitwirk(t)en oder dass es sich dabei um ein »linksextremistisches« Projekt handle.
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Die Etikettierung erfolgt willfährig. Zwei Beispiele: Die Zeitschrift »der rechte rand« (drr) bezeichnet er als »linksradikal«, zitiert allerdings das »Landesamt für Verfassungsschutz« Baden-Württemberg und das »Bundesinnenministerium« , wonach 2007 »Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen« vorgelegen hätten. Dann lässt er das »Bundesamt für Verfassungsschutz« zu Wort kommen, das ihm auf Anfrage mitteilte, der drr werde »seit 2005 (sic!) nicht mehr als linksextremistische Publikation eingestuft« – was übrigens nie der Fall gewesen war. Warum der drr jetzt aber linksradikal sein soll, lässt Krautkrämer, der Geschichte, Politik und öffentliches Recht in Freiburg studierte und dort Mitglied der »Katholischen Deutschen Studentenverbindung Hohenstaufen« war, offen. Auch der »Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V.« (a.i.d.a.) attestiert Krautkrämer mit Verweis auf den bayerischen Verfassungsschutz »Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen«. Nur eine Fußnote weist darauf hin, dass a.i.d.a. erfolgreich gegen die Einstufung geklagt hatte. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Projekten findet nicht statt. Die»Studie« basiert auf derartig bewusster Etikettierung, um daran anknüpfend Menschen, die mit den Projekten auf die eine oder andere Weise verbunden sind, zu stigmatisieren. Eingeleitet wird das einfältige Pamphlet durch Alexander von Stahl. Mit der Autorität seiner einstigen Funktion als Generalbundesanwalt bescheinigt der 72-Jährige der »Studie«, sie zeige quellengesättigt, »in wieweit, von welchen Personen, Gruppierungen und Organisationen und über welche Internetveröffentlichungen die linksradikale Szene auch den ›antifaschistischen Kampf‹ der Bundeszentrale für politische Bildung beeinflusse«.
Krautkrämer und der JF geht es im Grunde um zwei Dinge. Sie regen sich darüber auf, dass »auch konservative Organisationen, Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht des Rechtsextremismus überzogen werden«. Mit »konservativ« sind dabei jedoch nicht die CDU, CSU, die »Konrad-Adenauer- Stiftung« oder ähnliches gemeint, sondern als »konservativ« betrachtet sich die JF selbst. Schlicht konservativ soll auch das »Institut für Staatspolitik« sein. Bewusst wird dabei diese politische Selbstverortung vorgenommen, um Akzeptanz auch im Lager der Union und darüber hinaus zu gewinnen. Eng damit verbunden ist die von ihnen ausgemachte »Gefahr«, nämlich der »Kampf gegen Rechts«. Krautkrämer sieht das »Thema Antifaschismus […] als ideales Instrument und Türöffner, um linksextremistische Einstellungen gesellschaftsfähig zu machen«. Das geschehe durch »Antifa-Journalisten« beziehungsweise ein »Antifa-Milieu aus linken bis linksradikalen Journalisten, Publizisten und Wissenschaftlern« – auch hier fällt wieder auf, dass links, linksradikal, »linksextrem« für ihn eigentlich ein und dasselbe sind. Normale Leserinnen und Leser werden das Machwerk dank der »Kontaktschuldargumentation« und Assoziationsketten kopfschüttelnd ignorieren, doch wer Bestätigung sucht für seinen Kampf gegen den »Kampf gegen Rechts«, wer überall »Linksextremismus« wittern will, wird mit den Weihen eines ehemaligen Bundesstaatsanwalts hier vermeintliche Bestätigung finden.