»Tatort Rechts«

von Matthias Jakubowski
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 188 - Januar / Februar 2021

#Onlinearchiv 

Rechte Gewalt geschieht direkt vor unserer Haustür. Beinahe täglich gibt es Angriffe von Rechts, Übergriffe von Rechts, Propagandadelikte von Rechts. Wem das nicht bekannt ist, hat jetzt die Möglichkeit, auf der Seite tatortrechts.de sich selbst davon zu überzeugen.

Das Projekt der Investigativjournalistin Anna Neifer (u.a. Afghanistan Papiere) und des Softwareentwicklers und Datenanalysts Johannes Filter (u.a. verfassungsschutzberichte.de) visualisiert auf einer interaktiven Landkarte rechte Gewalt in Deutschland und macht diese mittels Recherche-Tool durchsuchbar.

Damit vereint sie die schon seit Jahrzehnten von unterschiedlichen Initiativen, wie zum Beispiel »ReachOut««, »RAA Sachsen«, »Opferperspektive« und anderen kontinuierlich gesammelten Daten aus mehreren Bundesländern zu Fällen rechter Gewalt. Diese zivilgesellschaftlichen Akteur*innen unterstützen und beraten Betroffene rechtsmotivierter, antisemitischer und rassistischer Gewalt. Sie machen sichtbar, was in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung oft nur eine untergeordnete Rolle spielt: Die Sichtweise der Betroffenen. Sie ordnen Taten richtig ein, wo Ermittlungsbehörden manchmal Jahre brauchen, um Taten auch als solche anzuerkennen. Der staatliche Umgang mit Betroffenen rechter Gewalt in Deutschland ist erschreckend.

»Rechte Gewalt vor deiner Haustür«
12 Projekte haben seit dem Jahr 2000 über 16.000 Fälle mit rechtem Bezug registriert.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Seite zu nutzen. Das Tool »Karte« öffnet links die Hauptkarte, in der die Anzahl der Übergriffe dem jeweiligen Bundesland oder der Region zugeordnet werden. Durch reinzoomen erhält man eine detaillierte Auflistung der Fälle für die Region, Stadt oder den Ort der Wahl und kann durch die angegebenen Sachverhalte recherchieren. Rechts davon läuft eine chronologische Auflistung der Vorfälle. Abgerundet wird das Tool mit einer Jahresstatistik seit 2000 und einer Suchmaske, deren Besonderheit innerhalb aller bisherigen Versuche der öffentlich zugänglichen Visualisierung rechter Taten in der Vielzahl der dort abgebildeten Fälle liegen dürfte. Mit einer Stichwortsuche lässt sich wahlweise nach Ortschaften oder Begriffen suchen. Ein Beispiel: Die Suche mit dem Stichwort »Messer« ergibt, dass auf diese Auswahl 428 der bisherigen 16.361 registrierten Taten entfallen. Ein Balkendiagramm zeigt uns zugleich die Verteilungskurve von 2000 bis heute, samt nebenstehender interaktiver Karte. Ein Klick auf den Balken ganz links und man erhält die erste registrierte Tat vom 30. April 2000 aus Lübben (Spreewald): »Zwei Deutsche bedrohen einen 22-jährigen Mann aus Zaire mit einem Messer. Passanten können schlimmeres verhindern.« Ein weiterer Klick und die Nutzer*innen gelangen zum bislang letzten registrierten Vorfall unter diesem Stichwort vom 07. November 2020 aus Leipzig: »Rechte Gewalt rund um die »Querdenken«-Demonstration – (…) Ein Leipziger Kampfsporttrainer soll bei einem Angriff auf politische Gegner*innen ein Messer gezogen haben. Auf einem Video ist außerdem zu sehen, wie eine Flasche in eine Gruppe von Gegenprotestierenden geworfen wurde.«

Mit der Seite »Tatort Rechts« ist eine spannende öffentlich zugängliche Datenbank entstanden, die einer breiten Öffentlichkeit sowie Journalist*innen ein sehr gutes Recherchetool zur Verfügung stellt. Die Möglichkeit einer so gezielten und übersichtlichen Suche in einem derartigen und vor allem öffentlich zugänglichen Datenbestand zu diesem Thema dürfte bisher unerreicht sein.

»Wir hoffen, dass es nun durch die visuell ansprechend und filterbar aufbereiteten Daten viel leichter sein wird, Zusammenhänge in den Daten zu erkennen«, schreiben die Projektentwickler*innen. Damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist der Seite eine möglichst breite Gruppe an Nutzer*innen zu wünschen, denen in den kommenden Monaten und Jahren dieses Tool dient, um so ihrerseits zur Sichtbarmachung und Analyse rechter Taten in Deutschland weiter beizutragen.

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