Editorial der 168
Eure Redaktion
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 168 - September 2017
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
»Ich betrachte das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie als potentiell bedrohlicher denn das Nachleben faschistischer Tendenzen gegen die Demokratie.« Die Bemerkung, die der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno 1959 machte, scheint auf die heutigen Tage zu passen. Adorno warnte davor, dass in der Bundesrepublik immer noch latente wie offene extrem rechte Einstellungsmuster existierten und er zielte auf das Verdrängen und Negieren der Shoah durch die Deutschen ab, auf das Nicht-Gewusst-Haben und das Nicht-Hinsehen-Wollen während des Nationalsozialismus.
Die Feststellung, dass der Nationalsozialismus in der Gesellschaft weiterlebe, gäbe heute Anlass zu großem Protest und zu der Versicherung, es sei alles überwunden und verarbeitet. Ob das zutrifft, sei dahingestellt. Und ja, es sind hier auch keine NationalsozialistInnen, die den Staat umstürzen wollen und mit Gewalt an die Macht streben, sondern hier passiert etwas anderes – schlimmeres, ginge es nach Adorno. In Deutschland gibt es ein rassistisches und faschistisches Potenzial, das eine Partei wählte, die es allen leicht gemacht hätte, sie nicht zu wählen. Eine Partei, die ihre Inkompetenzen, ihre Zwists um Inhalte und Personalia und ihr wahres Gesicht als durch und durch rassistische Partei mit faschistischen Zügen, nicht deutlicher hätte zur Schau stellen können. Gestört hat es ihre WählerInnen nicht. Genau sie meinte Adorno in seinem Vortrag und fügte hinzu: »Nur darum machen zwielichtige Figuren ihr come back in Machtpositionen, weil die Verhältnisse sie begünstigen.«
Warum und wann extrem rechte Parteien Wahlerfolge feiern und wann nicht, ist in den letzten Jahrzehnten ausführlich untersucht und diskutiert worden. Wie solche Wahlerfolge verhindert werden können, da gehen die Meinungen auseinander. Die Übernahme extrem rechter Position durch bürgerliche Parteien gehört zu den schlechtesten Strategien.
Wie befördert man eine extrem rechte Partei wieder aus dem Parlament heraus? Daran werden wir in den nächsten Jahren arbeiten. Als ersten Schritt werden wir die Arbeit der »Alternative für Deutschland« im Bundestag genau beobachten und dokumentieren – in unserem Heft, auf Twitter, Facebook – und auf der Internetseite afd-im-bundestag.de. Eine Normalisierung und Etablierung der »Alternative für Deutschland« im Bundestag und darüber hinaus darf es mit uns nicht geben.
Die Redaktion des antifaschistischen Magazins »der rechte rand«