NPD – Untote Partei

von Ernst Kovahl
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016

nicht mehr als Gefahr. Doch es bleiben Fragen: Ab wieviel Prozent der Stimmen bei Wahlen ist eine Partei des militanten Neonazismus gefährlich? Wie viele Parlamentssitze braucht es, damit die zwangsweise Auflösung einer Partei, die den NS verherrlicht, Rassismus und Antisemitismus propagiert und die Demokratie stürzen will, als richtig erachtet wird? Und bisher konnte niemand schlüssig erklären, welche Vorteile es denn für Demokratie, Antifaschismus, Antirassismus und eine plurale Gesellschaft haben sollte, wenn eine Partei von Neonazis, AntisemitInnen, NS-FanatikerInnen und Holocaust-LeugnerInnen Millionen Euro aus Steuergeldern erhält, in Parlamenten sitzen darf, auskömmlich mit Jobs und Informationen ausgestattet wird und ihre Hetze unter dem Schutzschirm des Parteienprivilegs verbreiten kann. Eine Mehrheit der Bevölkerung von 60 Prozent jedenfalls befürwortet ein Verbot »rechtsradikaler Parteien«, wie jüngst eine Umfrage des »Instituts für Demoskopie Allensbach« zeigte.

Partei im Wartestand

Der Erfolg der AfD war der letzte fehlende Sargnagel für die angeschlagene Wahlpartei NPD. Kurzfristig scheint sie an den Wahlurnen keine Chance gegen die neue Konkurrenz zu haben. Aber noch immer verfügt die NPD in einer Reihe von Bundesländern über eine stärkere Präsenz in Kommunalparlamenten, besser ausgebaute Strukturen und ein eingespielteres Netzwerk alter und junger Neonazis als ihre Konkurrenz aus dem neonazistischen Bereich wie »Die Rechte« oder »Der III. Weg«. Anders als die AfD ist die NPD über Jahrzehnte und im Kampf gegen politische Widrigkeiten aller Art ideologisch und im Zusammenhalt gefestigt. Mit ihrem Monatsblatt »Deutsche Stimme« verfügt die Partei weiterhin über eine wichtige Publikation der extremen Rechten. Durch ihre Ergebnisse bekommt sie zwar geringere, aber weiterhin relevante Wahlkampfkostenrückerstattung vom Staat und nutzt das Parteienprivileg als juristisches Schild gegen Veranstaltungsverbote – trotz Krise, Streit und Niedergang. Falls die elektorale, aber nicht programmatische Hauptkonkurrenz der NPD, die AfD, in absehbarer Zeit – woran auch immer – scheitern sollte und die neonazistische Konkurrenz der Kleinstparteien sich weiterhin nicht zu einer relevanten Wahlpartei entwickeln kann, dann wird die NPD mit ihren zwar prekären, aber seit 52 Jahren existierenden und routinierten Strukturen im Wartestand sofort wieder – wie Phoenix aus der braunen Asche – da sein. Ebenso wie in den 1990er Jahren, als eine rassistische und neonazistische Bewegung auf den Straßen und in den verbotenen Kleinststrukturen eine neue Organisation brauchte – eine Organisation, die schwerer zu verbieten ist, als »Kameradschaften« und Vereine. Zeitweise war es der NPD gelungen, eine erfolgreiche Bewegungs- und Wahlpartei zu sein. Diese Funktionen hat sie verloren. Aber der über Jahrzehnte stabile Kern der NPD, der die Partei als völkische und nationalsozialistische Gesinnungspartei versteht, wird die Organisa­tion unbeeindruckt von Wahlerfolgen oder Wahlniederlagen und unbeeindruckt von gesellschaftlichem Wandel durch die Zeit bringen. Sollte die Partei wieder gebraucht werden, wird sie erneut bereit stehen.