NPD – Untote Partei

von Ernst Kovahl
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016

Agieren und vor dem Hintergrund von Vereinsverboten mit dem Zustrom jüngerer AktivistInnen in wenigen Jahren zur Sammlungsbewegung und mobilisierungsstärksten Kraft der extremen Rechten zu werden.

Wesensverwandtschaft mit dem NS

Das politische Hauptinteresse der NPD ist nicht das Ringen um reale Veränderungen in den Kommunal- oder Landesparlamenten. Ihre Präsenz dort ist funktionalistisch. Es ist ihre Chance, Plattformen und Bühnen für die eigenen rechten und rassistischen Botschaften zu finden und materielle Vorteile für die politische Arbeit zu erlangen. Im Kern geht es einem relevanten und strategisch denkenden Teil der NPD vor allem darum, unter dem Schutzschild einer Partei über ein legales Dach zum Weitertragen nationalsozialistischer Vorstellungen zu verfügen. Die »Wesensverwandtschaft« der Partei mit dem Nationalsozialismus, das zentrale Argument der KlägerInnen im Verbotsverfahren, ist offensichtlich.
»Wer meint, die NPD totsagen zu wollen, verkennt den Idealismus, von dem wir alle erfasst sind!«, schrieb der NPD-Vorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern, Stefan Köster, in der Oktober-Ausgabe der Parteizeitung »Deutsche Stimme« (DS). Auch wenn er so wahrscheinlich nur das Wahldesaster schön reden wollte, so beschreibt er damit doch ungewollt den Kern der Partei. Denn auf dem Weg zu einem an völkischen Kriterien und den Vorstellungen des NS ausgerichteten Deutschland sind verlorene Landtagswahlen in der »Judenrepublik« (Udo Pastörs) nur kleinere Hindernisse. Wer sich, wie die NPD, in einer feindlichen Umgebung wähnt, denkt in anderen Kategorien als der Präsenz in Parlamenten der Bundesrepublik. Hetzer wie Udo Pastörs, Geschäftemacher wie Thorsten Heise, Kader aus der »Wiking Jugend« wie der Gewalttäter Manfred Börm oder die Nachkommen aus den völkischen Sippen lassen sich in ihrem Denken und ihrem Handeln nicht von Wahlniederlagen beeindrucken. Für sie ist die NPD weniger eine Wahlpartei als ein Ort zum Tradieren von nationalsozialistischer Politik, eine Gesinnungspartei.

Keine »Untergangsstimmung«

Wenn der amtierende NPD-Vorsitzende Frank Franz nach der verlorenen Wahl in Mecklenburg-Vorpommern im Interview mit dem Web-TV der NPD »NPD TV« (7. Oktober 2016) den Wahlkampf der Partei im Nordosten lobt und betont, seine Partei sei nach der Niederlage nicht in »Untergangsstimmung« verfallen, ist das einerseits Partei-Prosa, um die Niederlage schön zu reden. Andererseits ist aber bisher ein offener Machtkampf in der Partei ausgeblieben, der nach solchen Verlusten zu erwarten gewesen wäre. Die Partei müsse sich wieder stärker um die »Verankerung in den Kommunen«, »mehr Graswurzeldenken« und eine stärkere Arbeit »vor der eigenen Haustür« bemühen, fordert Franz. In seinem »Dreijahresplan« skizziert er die nötigen Schritte, um 2019 den Wiedereinzug in den Sächsischen Landtag zu erreichen. Es sei nötig, »gemeinschaftsbildend in die Partei« zu wirken sowie Strukturen und Verbände zu aktivieren, um bei der Europa- und den Landtagswahlen 2019 wieder »voll auf der Wahlkampfebene durchstarten« zu können.
Die Partei solle sich, so schreibt Franz in einem Artikel in der Oktober-Ausgabe der DS, auf aussichtsreiche Wahlen konzentrieren und nicht Gelder in »aussichtslosen Wahlkämpfen« versenken. Antreten solle die NPD als nächstes bei der zwar chancenlosen, aber politisch wichtigen Bundestagswahl 2017 und der Landtagswahl im Saarland, wo in einem »kleinen Bundesland mit einem relativ überschaubaren Einsatz an Mitteln ein recht intensiver Wahlkampf geführt« werden könne. Zudem sei die konkurrierende AfD dort »in einem nicht sonderlich stabilen Zustand«. Die Europawahl und die Landtagswahlen 2019 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie ausgewählte Kommunalwahlen, bei denen Chancen auf Mandate bestünden, seien wichtige und lohnende Aufgaben. Diese Konzentration bedeutet zugleich, dass Franz bereits jetzt die Wahlen 2017 in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, 2018 in Niedersachsen, Bayern und Hessen sowie 2019 in Bremen für die NPD verloren gibt. Franz will die NPD zu einer »Kümmererpartei« machen, die als »Hilfs- und Bollwerk unseres Volkes« fungiere. Unter dem Titel »Deutsche helfen Deutschen / Hilfswerk« soll praktische Solidarität organisiert werden.

Hauptkonkurrent AfD

Wer im Spätsommer 2016 durch Mecklenburg-Vorpommern fuhr, kam an den zehntausenden Plakaten der NPD nicht vorbei. Dass die Partei hier im September scheiterte, lag weniger an eigenen Schwächen oder einem Rückgang rechter WählerInnen als an der Stärke der AfD, die 20.000 bisherige NPD-WählerInnen aufsog. Wären diese Stimmen bei der Neonazi-Partei geblieben, hätte sie erneut den Sprung ins Parlament geschafft.

NPD-Verbot?

Über allem schwebt weiterhin das mögliche Verbot der NPD. Nachdem im März 2016 das Bundesverfassungsgericht über den Verbotsantrag des Bundesrates verhandelte, will das Gericht Mitte Januar eine Entscheidung verkünden – Ausgang ungewiss. »Das NPD-Verbotsverfahren ist überflüssig«, meinte der Journalist Frank Jansen im »Tagesspiegel« (6. September 2016) nach der für die Partei verlorenen Wahl in Mecklenburg-Vorpommern. Die Partei sei erledigt. »Man könnte auch sagen: Die NPD verbietet sich selbst«, flachst der Reporter. Auch zahlreiche andere Stimmen aus Medien, Politik und Wissenschaft lehnen nun das Verbot ab. Vor dem Hintergrund des Aufstiegs der AfD gilt die NPD plötzlich