Freifahrschein für Hetze

von Ernst Kovahl
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 164 - Januar 2017

Das Bundesverfassungsgericht ermöglicht der »Nationaldemokratischen Partei Deutschlands« den Fortbestand – ein Freifahrschein für Neonazis.

»Sieg!!!!!!« twitterte die NPD kurz nach 10 Uhr. Da hatte gerade das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine Entscheidung verkündet, die Neonazi-Partei nicht zu verbieten. Für die Partei waren ihr Vorsitzender Frank Franz sowie die stellvertretenden Vorsitzenden Stefan Köster und Ronny Zasowk sowie Bundesschatzmeister Andreas Storr vor den VerfassungsrichterInnen in ihren roten Roben erschienen. Am Abend vor der Verkündung des Urteils gab sich Franz siegessicher: »Wenn jemand verboten gehört, dann die Volksverräter der Altparteien!«

»Wesensverwandtschaft« mit dem NS

Im Dezember 2012 beschloss der Bundesrat, ein Verbot der NPD anzugehen. Ein Jahr später reichte die Länderkammer ihren Antrag ein, die NPD und ihre Unterorganisationen »Junge Nationaldemokraten«, »Ring Nationaler Frauen« und die »Kommunalpolitische Vereinigung« als verfassungswidrig einzustufen, aufzulösen, ihr Vermögen zu beschlagnahmen und die Gründung von Ersatzorganisationen zu untersagen. Vom 1. bis 3. März 2016 hatte das Gericht öffentlich verhandelt und sich in den Monaten danach ein Urteil gebildet. Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seiner Entscheidung zwei Argumentationen abgewogen. Auf der einen Seite attestieren die RichterInnen der NPD, offen verfassungsfeindlich und rassistisch zu sein und eine deutliche »Wesensverwandtschaft« mit dem historischen Nationalsozialismus zu haben. Die Partei arbeite »planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin«. Sie wolle die liberale Demokratie durch »einen an der ethnisch definierten ‹Volksgemeinschaft› ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen«. Ihre Politik missachte die Menschenwürde und sei »mit dem Demokratieprinzip unvereinbar«. Durch Übergriffe und Gewalt entstünden »punktuell« auch Anlässe für »Besorgnis«. Seitenweise listet die Urteilsbegründung entsprechende Gründe auf. Aber – und das war für das Urteil ausschlaggebend – es gehe auf der anderen Seite von der NPD keine reale Gefahr für den Staat aus: »Allerdings fehlt es (derzeit) an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt«. Die Ziele allein reichten nicht für ein Verbot. Die Partei habe nur einen Europaparlamentarier und nur etwa 350 Kommunalabgeordnete, einen niedrigen Organisationsgrad und stagniere bei Wahlen. Sie sitze derzeit in keinem Landtag und habe keine Aussicht, in eine Regierungskoalition einzusteigen. Auch durch ihre Beteiligung am politischen Willensbildungsprozess in der Gesellschaft könne sie ihre Ziele nicht realisieren.