„Weltbühne“
von der Redaktion
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 214 - Mai | Juni 2025
#Brandmauer
Der Co-Herausgeber der neuen Zeitschrift „Die Weltbühne“ schreibt seit vielen Jahren und regelmäßig in Zeitungen und Verlagen der radikalen Rechten. Entsteht hier ein neues Querfront-Projekt?

@ Mark Mühlhaus / attenzione
Knallig rot, kleines Format, alte Schrift. Die neue „Weltbühne“ fällt auf. Im Mai dieses Jahres er-schien die erste Ausgabe des Magazins für Politik, Kunst und Wirtschaft, das sich in die Tradition eines publizistischen Schwergewichts stellt. 1905 war die erste Ausgabe erschienen, damals noch unter dem Namen „Die Schaubühne“. Aus der Theater-Zeitschrift wurde später eine welt-bekannte linke und liberale Zeitschrift mit den Namen großer Autor*innen. Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky leiteten das Blatt, das dann 1933 von den Nazis verboten wurde. Die Zeit-schrift war eine laute Stimme von und für Intellektuelle – antifaschistisch, demokratisch und pazifistisch. Auch später machte das Blatt bewegte Zeiten durch: Erst als „Neue Weltbühne“ aus dem Exil, später von 1946 bis 1993 als Zeitschrift aus Ostberlin. Wiederbelebungsversuche unter wechselnden Namen folgten. Sie schafften es jedoch nach 1990 nie mehr, aus publizistischen Nischen herauszutreten.
Und nun mit großer Wucht ein neuer Anlauf: An die große Tradition der alten Zeitschrift will die neue „Weltbühne“ anknüpfen. Format und Gestaltung sind fast wie früher. Dadurch fällt das Blatt im Zeitschriftenregal auf. Innen schwarz-weiß mit nur wenig roten Grafikelementen, keine Fotos zu den Artikeln. Voller Fokus auf den Text. Doch die Artikel sind eine Mischung aus Belanglosigkeiten, Friedensfloskeln, politisch raunenden Texten und der Versuch, mit Skandalisierung Reichweite zu erzielen. Ein Text über den Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen“, Philipp Peyman Engel, stellte seine jüdische Identität in Frage. Der Beitrag wurde parallel auch in der „Berliner Zeitung“ veröffentlicht und hatte das kalkulierte Potential zum Skandal – sicherlich geplant, um das neue Blättchen zu verkaufen.
Schon die ersten Ankündigungen für die Neuauflage ließen politisch aufhorchen. Denn das Blatt erscheint nun im Verlag der umstrittenen „Berliner Zeitung“. Unter dessen Chef Holger Friedrich wurde die Zeitung politisch umgekrempelt. Die Kritik: Eine zu starke Nähe zum politischen Kurs des heutigen Russlands. Aber auch Corona-Schwurbelei, Raunen über vermeintlich eingeschränkte Meinungsfreiheit, Impfskepsis und „Grüne“ als politischer Blitzableiter sind nun Themen in der „Berliner Zeitung“. Nicht nur das allein ist Grund genug, auch bei der „Weltbühne“ genauer hinzuschauen. Dazu gehört auch Friedrichs Zusammenfassung der geistigen und moralischen Enteignung des Enkels des ursprünglichen Gründers, Siegfried Jacobsohn, mit Wohnsitz in den USA. „Der amerikanische Ostküsten-Geldadel wurde von einem Ossi ausgespielt“, so Friedrich im Juni im „Ettersburger Gespräch“ auf dem Weimarer Schloss nahe der KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Angesichts der Wortwahl ist antisemitisches Dog Whistling nicht weit.
Mehr zum Veranstalter „Ettersburger Gespräch“
Zwei Herausgeber zeichnen für die „Weltbühne“ verantwortlich. Einer, Behzad Karim Khani, sagt von sich, er sei Antifaschist. Und im Interview mit der Zeitung „Der Freitag“ sagte er: „Sobald ein zu rechter Artikel in der Weltbühne steht, kündige ich“. Dieser Hinweis schien ihm wichtig, da die Wochenzeitung nach seinem Mitherausgeber Thomas Fasbender fragte. Der schrieb über viele Jahren in Zeitungen der Rechten, vor allem in der neu-rechten Zeitung „Junge Freiheit“ (JF). Das sei „sicherlich nicht der Höhepunkt einer seriösen Karriere“, aber aus Khanis Sicht „nicht unverzeihlich“. Kritik an Fasbender, für die JF geschrieben zu haben, sei für Khani bloß „Kontaktschuld, und davon halte ich nichts.“ Zudem habe er doch „selbst keinerlei rechts Aussagen getroffen“, auch in der JF nicht. Schöner kann man den Dauerautor rechter Postillen kaum entlasten.
Im Interview bei den Ettersburger Gesprächen lobte Friedrich den Herausgeber Fasbender: „Er ist einer der gebildetsten Journalisten, die ich persönlich kennenlernen durfte (…) Er ist, glaube ich, eine Bereicherung für den deutschen Journalismus“. Doch anders als es die „Weltbühne“ und der Co-Herausgeber suggerieren wollen, sind Fasbenders Auftritte und seine Autorenschaft in Strukturen und Medien der radikalen Rechten weder Einzelfälle noch Ausrutscher, sondern bis 2025 über viele Jahre Normalität.
Er trat über den Zeitraum von zehn Jahren dreimal in der neu-rechten Berliner „Bibliothek des Konservatismus“, die strukturell der JF nahesteht, als Referent auf. 2015 sprach er über „Putin, der Westen und die Ostukraine“, 2022 stellt er dort sein Buch „Wladimir W. Putin – Eine politische Biographie“ und 2025 seine Neuveröffentlichung „Der Eurasienkomplex“ vor. Im neu-rechten Coffee-Table-Magazin „Cato“ veröffentlichte er mindestens sechs Artikel zwischen 2021 und 2024. Seine Themen: Ein antimoderner russischer Künstler, Putin und eine Betrachtung der Weltlage unter dem Titel „Der Westen wankt“. Selbst zur AfD ließ sich Fasbender einladen. 2016 referierte er in Travemünde über „Die künftige Rolle Russlands in Eurasien“. Drei Jahre nach ihrer Gründung konnte man schon wissen, wo die Partei steht und dass ihr Kurs straff nach rechts außen führt.
Mehr als zehn Jahre lang war Fasbender immer wieder für die JF als Autor tätig. Online und im Print finden sich zahllose Texte – in der Hauptsache über Russland. In manchen Jahren waren es nur wenige Artikel, zu anderen Zeiten finden sich Woche für Woche Texte von ihm in dem neu-rechten Blatt – zusammengezählt 50 bis 60 Aufsätze. Darüber hinaus war er einmal zu Gast beim Online-Format „JF TV“ und mindestens zweimal Gast von „Standgesprächen“ bei Veranstaltungen der Zeitung auf der Frankfurter Buchmesse. Fasbender war zudem wiederholt Autor der Schweizer rechtskonservativen Zeitung „Weltwoche“, ließ sich 2022 sowohl vom rechten „Konflikt Magazin“ als auch von Erik Lehnert für die Zeitschrift „Sezession“ aus dem damaligen „Institut für Staatspolitik“ (IfS) von Götz Kubitschek interviewen. Unter seinen zahllosen Büchern finden sich zuletzt Veröffentlichungen in explizit rechten Verlagen. So im rechts-libertären Verlag „Lichtschlag Medien“, bei „Manuscriptum“ sowie zweimal im „Landt Verlag“, der zu „Manuscriptum“ gehört. Und auch zum Sammelband „Die AfD und die Klimafrage“ aus dem rechten „Gerhard Hess Verlag“ und herausgegeben vom früheren AfD-Politiker Konrad Adam steuerte er einen Aufsatz bei. Jahrelang war Fasbender für den russischen Propaganda-Sender „RT DE“ tätig. Dort führte er auch eine Reihe von Interviews mit Personen aus der radikalen Rechten, unter anderem mit Konrad Adam, JF-Chef Dieter Stein oder dem neu-rechten Publizisten David Engels.
Neue Querfront?
Die neue Zeitschrift erscheint laut Impressum „in Kooperation“ mit dem Verein „Weltbühne e.V.“, von dem Friedrich die Rechte an der Marke Weltbühne erworben hat.
ABO
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Zwei der Vorstandsmitglieder des Vereins sind auch für die Zeitung »Weltbühne« tätig, für Satz und Archiv. Sie sind seit Jahren zentrale Akteure der linken Zeitschrift „Ossietzky“, die sich ebenfalls einst in die Tradition der historischen Weltbühne einordnete. In ihrer Druckerei wurde auch über viele Jahre unser Magazin „der rechte rand“ gedruckt. Auf der Homepage des „Ossietzky“ wurde die Kooperation des Vereins mit der „Weltbühne“ auch noch einmal ausdrücklich begrüßt.
Für uns als Redaktion ist klar: Als antifaschistische Zeitschrift können wir keine Nähe zu einer Zeitschrift zulassen, die von einem langjährigen Dauer-Autoren und Referenten radikal rechter Zeitschriften und rechtsaußen Verlage herausgegeben wird. Wir haben die Zusammenarbeit mit der Druckerei beendet.
Hier unser Statement: