Braun-Grünes Magazin

von Andreas Speit
Magazin »der rechte rand« Ausgabe 181 - November / Dezember 2019

#Umwelt&Aktiv

Die Irminsul ziert nicht mehr das Cover. Auf der Titelseite von »Umwelt & Aktiv« (U&A) fehlt jener Weltenbaum, der in der nordischen Mythologie auch als Yggdrasill Himmel, Mittel- und Unterwelt verbindet. Die Redaktion dürfte das in nationalistischen Kreisen beliebte Motiv aus strategischen Gründen weggelassen haben, um breitere Leser*innenschichten anzusprechen. Der Relaunch des Magazins kaschiert die Intention. Moderner, stylischer und dynamischer will die Redaktion um Christoph Hofer an die Öffentlichkeit treten. Das Magazin ist jetzt luftiger gestaltet: Größere Bilder, weniger Text auf rund 50 Seiten, nach über zehn Jahren eine gravierende Veränderung des Designs. Doch auf dem Cover der »Zeitschrift für gesamtheitliches Denken« bilden die Begriffe »Naturschutz – Tierschutz – Heimatschutz« noch immer den Untertitel.
Die Hoffnung wurde nicht enttäuscht. »Nach dem Re-Design« sei die Auflage »noch einmal deutlich angestiegen«, sagt Bettina Bernhardt von der Redaktion. Sie liege mittlerweile bei 5.000 Exemplaren der quartalsweise erscheinenden Publikation. Drei Viertel der Auflagen machten Abos aus, zum Jahresabopreis von 22 Euro oder 35 Euro für ein Förderabo. In »ausgewählten Verkaufsorten« sei das Magazin zu kaufen. »Umwelt & Aktiv« wird vom »Midgard e. V.« getragen. Der Verein hat ein Postfach in Traunstein und seinen Sitz in Landshut. Die Redaktion selbst kommt aus dem Spektrum der NPD. Ihre Ausrichtung verschweigt Bernhardt auch nicht: »In Summe hat uns das Erstarken rechter Bewegungen und Parteien in Deutschland und Europa auch wirtschaftlich sehr geholfen«. Das Magazin präsentiert eine völkische Ideologie. Naturschutz ist seit dem 19. Jahrhundert ein ureigenes Bestreben der extremen Rechten. Für dieses politische Milieu ist das Magazin heute das Umweltblatt. Längst ist es den bayerischen Blattmacher*innen gelungen, auch in alternativen Milieus wahrgenommen zu werden.

antifa Magazin der rechte rand
Das alte Layout des Magazins noch mit Irminsul

»Die Fremden«
Die Cover, Artikel und Meldungen des Vierteljahresmagazins vermitteln nicht immer gleich, aus welcher Haltung heraus sich die Redaktion für Natur, Tier- und Heimatschutz einsetzt. Das erste Cover aus dem Jahr 2007 zierte ein Großbild einer Sonnenblumenblüte, für viele das Symbol der Öko-Bewegung, das sich auch im Logo von Bündnis 90/Die Grünen findet. Bei der virtuellen Präsenz wird die politische Ausrichtung aber doch schnell deutlich. Dort findet sich ein Interview mit Sebastian Zeilinger zum »Projekt AHA!« (»Alternative Help Association«). Im Anlauftext verdeutlicht die Redaktion, dass es sich hier um eine »der ersten NGOs von rechts« handelt, die Fluchtursachen im Mittleren Osten bekämpfen will. Im Gespräch kann der bayerische Aktivist die »Identitäre Bewegung« (IB) als eine Gruppe von »jungen, europäischen Patrioten« verharmlosen, die »10 Familien in den Flüchtlingslagern des Libanon« ehrenamtlich unterstützen würde. Zeilingers Bruder Michael, der bereits 2009 als Autor für U&A auftrat, ist für die IB auf die Straße gegangen und war jahrelang Bundesführer der völkischen Jugendorganisation »Sturmvogel – Deutscher Jugendbund«.


Die Thematik Flucht und Zuwanderung ist in der Öko-Bewegung keineswegs neu. Immer wieder verbinden rechte Natur- und Heimatschützer*innen Ökologie mit der Frage, wie viele fremde Menschen die heimische Natur vertragen kann. In der Ausgabe 3/2017 der U&A wird ohne Namensnennung exemplarisch unter dem Titel »Wie die Migration das Land auffrisst« vorgerechnet, wie Flüchtlinge den »Flächenfraß« beschleunigen würden, denn es seien »vor allem Ausländer – politisch korrekt Menschen mit Migrationshintergrund –, die für das stetige Wachstum der urbanen Zentren verantwortlich sind.« Gehe man von den offiziellen Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus, hetzt das Heft, ergebe dies einen Flächenbedarf von »4697 Hektar. (…) Wir sprechen hier von 6578 Fußballfeldern. 18 (!) Fußballfelder pro Tag«.
Auf der Startwebseite macht die Redaktion »Fremde« verantwortlich für die Zerstörung der Natur. »Skrupellose Internationalisten werden in unserem Land von allen etablierten Parteien gefördert und hofiert, auch von denen, die behaupten, sich dem Umwelt- und Tierschutz verschrieben zu haben«, erklärt Christoph Hofer dort. Der Text stammt aus dem Editorial der ersten Ausgabe (1/2007). Diese »Global Player« machten »unsere Heimat zu einem Spielball im internationalen Finanzhandel«. Der Herausgeber führt weiter aus: »Der Schutz der Natur beginnt vor Ort (…), kurz in der Heimat. Und dazu gehört auch der Schutz der Kultur«. Und er betont: »Wir werden nicht länger jenen Menschen das Thema Umwelt- und Naturschutz überlassen, denen gar nichts an der Heimat liegt«. Die Kampfansage verdichtet er mit der in Großbuchstaben hervorgehobenen Botschaft: »Umweltschutz ist nicht grün«.

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Von Anfang an eindeutig
In der Erstausgabe und auf der Website vollzieht die Redaktion nicht bloß gleich den Vierschritt von Umweltschutz zum Tierschutz über Heimatschutz bis zum Volksschutz. Sie verbindet ihn auch mit der szenetypischen antisemitischen Vorstellung der Verschwörung eines internationalen Kapitals – in diesen Kreisen ein Synonym für die vermeintliche jüdische Weltverschwörung. Auf der Rückseite der Erstausgabe markierte die Redaktion mit ihrem bekannten Slogan unumwunden den parteipolitischen Feind: Bündnis 90/Die Grünen. Das rechte Milieu sieht den ökologischen »Verrat« mit dem Herausdrängen von Herbert Gruhl (1921 – 1993) und Baldur Springmann (1912 – 2003) aus der Partei. Bis heute ist Herbert Gruhl, Autor des Umweltbestsellers »Ein Planet wird geplündert«, eine der Referenzgrößen des gesamten weit rechten Öko-Milieus. Gruhl hatte 1975 schon geschrieben, dass die Einwanderungspolitik der »europäischen Völker« eine »sagenhafte Dummheit« sei. Ein Jahr vor seinem Tod warnte er 1992 in seinem Buch »Himmelfahrt ins Nichts« davor, dass »viele Kulturen in einem Raum zusammengemixt werden«. Der Wert des Gemisches sinke »mit zunehmender Durchmischung«.
In »Umwelt & Aktiv« wird gleichermaßen auf Baldur Springmann verwiesen. Für das Magazin sind Gruhl und Springmann »Gründungsväter« der »ökologischen Bewegung in Deutschland« in der Nachkriegszeit. Der umtriebige Ökobauer Springmann, der bis zu seinem Lebensende einen Hof im schleswig-holsteinischen Geschendorf führte, gilt den Rechten als »Urvater der Bewegung«, der sich konsequent »für die Arterhaltung von Flora und Fauna« und die »Vielfalt der Menschen und Völker« eingesetzt habe. Springmann wollte jedoch »keine Vermengung, keine Nivellierung, keine Überfremdung«, schreibt G. Kling in einem Artikel 2007. »Seine Liebe zu Deutschland war tief und echt«, wird ausgeführt und zitiert: »Was man zum Glücklichsein unbedingt braucht, ist Heimat. Es kann nur Unglück bringen, wenn wir uns von fremdartigen Ideologen nomadische Verhaltensweisen aufschwatzen lassen«.
Nicht alle Beiträge zu Wasserverbrauch, Bienensterben, Schmetterlingen, genmanipuliertem Saatgut, Gänseblümchen, Bärwurz, Lebendtiertransporten, Fischereiverboten, Frühlingssuppen, Ökostrom, Ausgleichsflächen, Windkraft, Biotonne oder Plastikmüll fallen durch rechte Implikationen auf. Die Fakten stammen oft von anderen, nicht-rechten Umwelt- und Tierschutzprojekten oder öffentlich-rechtlichen Medien. Auffällig sind jedoch die vielen Beiträge zum Thema »Heimatschutz«, in denen Julfeste, Jahreskreisfeiern, 1.-Mai-Bäuche, Wintersonnenwendfeiern und traditionelles Liedgut vorgestellt werden. »Langsam und schleichend wandern Sitten aus fremden Ländern ein, während traditionelle Bräuche immer mehr verkommen«, warnt die Redaktion in Heft 1/2007. Die »fremdländischen Bräuche« würden gerade Kindern durch die Medien »aufoktroyiert«. Daher wird gemahnt: »Das Unterbinden von deutschen oder europäischen Traditionen und der Kniefall vor einer Minderheit ist nicht nur beschämend, sondern sollte Anlass zu ernster Sorge geben!«. Am Ende des Artikels steht extra hervorgehoben: »Freie Völker feiern ihre eigenen Feste.«

Gemeinsamkeiten und fehlende Distanz
In dem Vierteljahresmagazin finden sich auch Interviewpartner, die von weit links kamen: Rainer Langhans, Mitbegründer der Berliner »Kommune 1«, Holger Strohm, Anti-Atom-Ikone, Jürgen Elsässer, einst weit linker Publizist – heute Herausgeber von »Compact« – oder Michael Beleites, Mitbegründer der Umweltbewegung in der DDR. Die Strahlkraft von U&A reicht über die rechte Szene hinaus. Die Interviewpartner*innen und Autor*innen kommen oft auch aus dem Umwelt-, Tier und Naturschutz. Unkritisch gegenüber dem Magazin stellen sie ihre Analysen und Thesen dar. Diese Autor*innen des wichtigsten Öko-Organs der rechten Szene blenden aus, dass die Redaktion ihre politische Ausrichtung konsequent verfolgt. Bei diesen Umwelt- Natur- und Tierschützer*innen scheint zu gelten was Strohm im Interview ausführte: »In jeder Gruppierung gibt es gute und böse Menschen. Für mich ist die politische Überzeugung kein Maßstab«. Selbst »unter Nazis« gebe es »gute Menschen«, entscheidend sei »ob man gegen Atomenergie ist, ob man für die Menschen« sei. Weiter formuliert würde es heißen, mit dem Umwelt-, Natur- und Tierschutz könnte man mit »Nazis« zusammen vermeintlich die Welt retten.

»Umwelt & Aktiv« gegen den Verfassungsschutz
Der Trägerverein von U&A klagte gegen die Erwähnung im bayerischen Landesverfassungsschutzbericht. Zunächst mit Erfolg, doch 2017 setzte sich der Freistaat Bayern juristisch durch. Im Urteil betonte der Verwaltungsgerichtshof: »Unter dem Deckmantel des Umwelt- und Naturschutzes« werde rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet. Auch der Verfassungsschutz betont, dass sich das Magazin »nur vordergründig mit ökologischen Themen« auseinandersetze. Umwelt-, Natur- und Tierschutz würden dort zum »Heimatschutz« uminterpretiert und in den Kontext der völkischen Bewegung gestellt. Eine klare Einordnung, die Wortwahl »Deckmantel« und »uminterpretiert« relativiert jedoch das ökologische Anliegen. Das extrem rechte Milieu setzt sich traditionell für Heimat und Natur ein, um »ihr Volk« und »ihre Kultur« zu erhalten. Diese Bemühungen sind nicht instrumentell, sondern als integral zu betrachten. »Umwelt & Aktiv« ist zu einem Netzwerk geworden, das die rechte Szene in die weitläufige Umweltbewegung hinein verbindet. Auf ihrer Facebook-Seite prangt noch immer die Irminsul.