kurz und bündig Ausgabe 178


Magazin »der rechte rand« Ausgabe 178 - Mai / Juni 2019

Prozess gegen »Sonnenkrieg Division«
London / England. Am 23. April 2019 hat der 19-jährige Michal Szewczuk vor Gericht gestanden, in zwei Fällen zu Terroranschlägen ermutigt und für »Terroristen nützliche Dokumente« besessen zu haben. Szewczuk und der mitangeklagte Oskar Dunn-Koczorowski haben auf der Internetplattform »Gab« Propaganda der »Sonnenkrieg Division« veröffentlicht. So wurde dem mit Meghan Markle verheirateten britische Prinz Harry vorgeworfen, ein »Rassenverräter« zu sein, der erschossen werden müsse. Auch der norwegische Massenmörder Anders Breivik wurde auf der Seite gefeiert. Die Ermittlungen waren nach einer Recherche der BBC ins Rollen gekommen.
Die »Sonnenkrieg Division« hat sich als britische Version der US-amerikanischen Neonazi-Terrorgruppe »Atomwaffen Division« (s. drr
Nr. 173) betrachtet. Das Urteil wird für den 17. Juni 2019 erwartet.

RechtsRock in Italien
Cerea / Italien. Über das Osterwochenende veranstalteten die Neonazis der «Veneto Fronte Skinheads» (VFS) ein RechtsRock-Festival mit dem Titel »Defend Europe«. Angekündigt waren »Fortress« (Australien), »Gesta Bellica« (Italien), »Sleipnir« (Deutschland), »Jolly Rogers« (Spanien), »Squadron« (England), »Katastrof« (Italien), »Acciaio Vincente« (Italien), »LTW« (Polen) und »Snöfrid« (Schweden). Bereits am 19. April 2019 kamen mehrere Hundert bei einem Akustikkonzert der für den Folgetag angekündigten MusikerInnen zusammen. Das Hauptereignis am 20. April 2019 – dem 130. Geburtstag von Adolf Hitler – fand in einem kommunalen Gebäude der Kleinstadt Cerea statt. Die Bands spielten vor 2.000 Neonazis aus ganz Europa. Organisationen wie die in Deutschland verbotene »Blood & Honour« konnten sich neben den »Hammerskins« präsentieren.

Grenzwehr
Sunland Park (New Mexiko) / USA. An der Grenze zu Mexiko patrouilliert die rechte »United Constitutional Patriots« (»Vereinigte verfassungsmäßige Patrioten«, UCP). In der Osterwoche hat die bewaffnete Gruppe 200 Personen an der Grenze zu dem Nachbarstaat angehalten und bis zur Übergabe an die GrenzschutzbeamtInnen festgehalten. Dabei gibt sich die Grenzwehr zum Teil als offizieller Grenzschutz aus, bedroht die Menschen mit Waffen und nimmt sie gefangen. Während zivilgesellschaftliche Organisationen wie die »American Civil Liberties Union« (»Amerikanische Bürgerrechtsunion«) das Vorgehen der UCP scharf verurteilen, geben offizielle Stellen keine Stellungnahme ab. Die Aktivitäten der UCP stehen im Zusammenhang mit dem verstärkten Einsatz von »Bürgerwehren« an der US-amerikanischen Südgrenze.

Hausdurchsuchungen
Cottbus / Brandenburg. Am 10. April 2019 durchsuchte die Polizei Wohnungen, Geschäfte und weitere Objekte in Hennigsdorf, Kolkwitz, Frankfurt (Oder), Görlitz (Sachsen), Kühlungsborn (Mecklenburg-Vorpommern) und den Berliner Bezirken Marzahn und Lichtenberg. Die meisten Durchsuchungen fanden in Brandenburg statt. Rund 30 Objekte waren betroffen, die meisten davon in Cottbus. Ziel der Durchsuchungen waren rechte Hooligans. Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit Ermittlungen seit April 2018 wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die rechte Hooligan-Gruppe »Inferno Cottbus«. Auslöser waren unter anderem Auseinandersetzungen zwischen der Gruppe und anderen Fangruppen, außerdem Bedrohungen und Gewalttaten gegen MigrantInnen und Linke. »Inferno Cottbus« hatte sich offiziell im Mai 2017 aufgelöst. Mit der Selbstauflösung wollte die Gruppe wohl einem Verbot zuvorkommen.

Familie über alles
Verona / Italien. Vom 29. bis 31. März 2019 fand der »World Congress Of Families XIII« (WCF) in Verona statt. Der WCF ist ein Projekt der in Rockford, Illinois (USA), ansässigen »International Organization for the Family« (ehemals »Howard Center for Family, Religion and Society«). Die Gruppe fungiert vorwiegend als Veranstalterin für Kongresse und Konferenzen von rechten christlichen Einzelpersonen und Organisationen. Der »World Congress Of Families« wurde 1997 gegründet. Eine bis heute tragende Rolle spielt der einst von Ronald Reagan zum Mitglied der »Nationalen Kommission für Kinder« ernannte Allan Carlson. Auf den regelmäßig abgehaltenen Veranstaltungen propagiert der WCF seine »christlichen« Werte. Im Zentrum steht die traditionelle Familie, die es gegen Homosexualität, Abtreibung und Feminismus zu verteidigen gelte. Der WCF arbeitet dabei mit dem extrem rechten Spektrum zusammen. Der Kongress 2017 in Budapest wurde von dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (»Fidesz«) eröffnet. In diesem Jahr stand nebst diversen VertreterInnen aus der italienischen Politik der Innenminister Matteo Salvini von der extrem rechten »Lega« als Redner auf der Bühne. Aus Deutschland war Fürstin Gloria von Thurn und Taxis angekündigt. In der Stadt demonstrierten am Samstag 20.000 Menschen gegen den Kongress.

Vertreibung
Rom / Italien. In Italien kommt es immer wieder zu pogromartigen Ausschreitungen gegen MigrantInnen. Seit dem Amtsantritt der »Movimento 5 Stelle« und der »Lega« am 1. Juli 2018 hat sich die Stimmung gegen MigrantInnen verschärft. Am 2. April 2019 kam es im römischen Vorort Torre Mauro zu rassistischen Ausschreitungen. An diesem Tag wurden mehrere Sinti- und Roma-Familien in eine städtische Unterkunft in dem Stadtteil verlegt. FaschistInnen von »Casa Pound« leiteten die Aktionen, in deren Verlauf Müllcontainer und ein Fahrzeug in Brand gesteckt wurden. Um eine weitere Eskalation abzuwenden, entschied die römische Stadtverwaltung nach einem Krisengespräch, die Sinti- und Roma-Familien wieder abzuholen, sie auszuquartieren und woanders unterzubringen.

Kampfsport für Kinder
Erfurt. Seit 2016 bot der Verein »Volksgemeinschaft« in seinen Räumlichkeiten im Erfurter Plattenbauviertel Herrenberg unter anderem wöchentliche Kampfsporttrainings an (s. drr Nr. 165). Treibende Kraft dahinter ist der ehemalige Hooligan und langjährig aktive Neonazi Enrico Biczysko, der 2014 mit 2.292 Stimmen für die NPD in den Erfurter Stadtrat eingezogen war. Später wechselte er zur Partei »Die Rechte« (DR) und ist im August 2018 der Partei »Der III. Weg« beigetreten. War er in DR schon Biczyskos steter Begleiter, steht ihm inzwischen der mehrfach wegen Körperverletzung verurteilte Neonazi Michel Fischer aus dem Weimarer Land fest zur Seite. An der Fassade der Räumlichkeiten mit mehreren hundert Quadratmeter in einer alten Kaufhalle prangen jetzt die Insignien des »Der III. Weg«, die Neonazis sprechen inzwischen von einem »Nationalrevolutionären Zentrum«. Es dient der Partei nicht nur als Materiallager, hier finden auch die regelmäßigen Kampfsporttrainings der parteiinternen »Arbeitsgemeinschaft Körper & Geist« statt. Außerdem werden an drei Tagen in der Woche je zweistündige »Trainingseinheiten« für Kinder und Jugendliche angeboten, die Rede ist von einem »Jugendsportprogramm«. Auch bei öffentlichen Veranstaltungen der Partei unter freiem Himmel wie im April 2019 führen die Neonazis Kinder und Jugendliche an den Kampfsport heran, auf Bildern sind in diesem Rahmen Biczysko und Fischer zu sehen. Dabei haben beide Neonazis eine lange Geschichte in der gewalttätigen Neonaziszene. Fischer wurde zwischen 2013 und 2015 Jahren fünfmal verurteilt, darunter dreimal wegen vorsätzlicher beziehungsweise gefährlicher Körperverletzung. Unter anderem hatte er 2012 mit seinem Vater ein 13-jähriges Kind verprügelt. Biczysko wurde in der Vergangenheit mehrfach wegen Körperverletzung verurteilt. Der als Sportbeauftragte der Partei »Der III. Weg« bezeichnete Björn Mey befand sich im April 2018 in Haft.

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»Tenno-Karate-Do Chemnitz e. V.«
Chemnitz. Der »Tenno-Karate-Do Chemnitz e. V.« trainiert unter anderem auch Kinder und Jugendliche im Chemnitzer Stadtteil Hilbersdorf. Nach außen hin macht der Verein den Eindruck eines normalen Karatevereins, der im »Sächsischen Karatebund« organisiert ist und neben dem mehrmals wöchentlich stattfindenden Training regelmäßige Lehrgänge mit Gasttrainern organisiert. Die Brisanz des Vereins liegt in seinen Personalien: Als Trainer und im Vorstand sind unter anderem die neu-rechten Kader Felix Menzel und Benjamin Jahn Zschocke aktiv. Menzel ist Chefredakteur der neu-rechten Schülerzeitung »Blaue Narzisse«, Gründer der selbsternannten »Denkfabrik für Wirtschaftskultur« »Recherche Dresden« und gibt das dazugehörige Magazin »Recherche D« heraus. Jahn Zschocke war bis 2014 Stadtratsmitglied und später Fraktionsgeschäftsführer von »Pro Chemnitz«. Er fungierte als Sprecher der Fraktion und deren Vorsitzenden Martin Kohlmann, als dieser die rechten Großaufmärsche des Spätsommers 2018 in Chemnitz organisierte. Im Januar kündigte Jahn Zschocke an, sich aus der Politik zurückziehen zu wollen. Er arbeitet als Maler und schreibt für das Magazin »Tumult« (s. drr Nr. 172). Menzel und Zschocke gründeten zusammen mit Martin Kohlmann zu Schulzeiten die »Pennale Burschenschaft Theodor Körner zu Chemnitz«. Der Sportverein, der 2012 etwa 50 Mitglieder hatte und hauptsächlich aus Kindern und Jugendlichen besteht, ist in seinem politischen Wirken eher subtil. So veranstaltete der Vorstand mehrmals Vereinswanderungen zum Theodor-Körner-Denkmal in der Nähe von Chemnitz. An dem Gedenkstein für den in neurechten Kreisen beliebten Dichter gründeten Menzel und Jahn Zschocke auch ihre Schülerburschenschaft. Der Verein ist heute weiterhin aktiv, auf der Website sind Fotogalerien von Wettkämpfen und Lehrgängen zu sehen. Auf Facebook wirbt der Verein um neue Mitglieder mit dem Motto »Sicherheit für Ihr Kind«.

Kampfsportlehrer mit rassistischen Gewaltfantasien
Lüneburg. Die »Kung Fu Schule Lüneburg« wird von Niklas Schmidt geleitet. Schmidt trägt den fünften Meistergrad. Der Kampfsportler veröffentlicht auf Facebook regelmäßig sowohl unter seinem Klarnamen, als auch auf der Seite der von ihm betriebenen Schule und in öffentlichen Diskussionen extrem rechte, rassistische und geschichtsrevisionistische Thesen und Positionen. Dabei fabuliert er nicht nur davon, dass schwarze Menschen ohne »Sturmgewehre« wieder mit »Speeren und Machete« töten gehen würden, sondern prophezeit auch: »wir werden bald Chemiker, Lagerbauer und Ofenbauer brauchen.« Und weiter schreibt er: »wir werden bald wieder viel zu tun bekommen, das wird unserer chemischen Industrie gut bekommen…« (Fehler im Original). Einen Hehl aus dem dahinter stehenden Menschenbild macht Schmidt dabei nicht. Er kommentierte ein Video, das vermeintlich das Wegwerfen von Wasserkanistern durch MigrantInnen zeigt: »wer aus heißen Wüstenstaaten flüchtet, und geschenktes Wasser wegschmeißt ist, ist ein haufen menschlichem Dreck. für mich stehts unerwünscht, kann gerne zu tode kommen« (Fehler im Original). Eine Erklärung liefert der Kampfsportlehrer direkt hinterher, als er das Video einer Schlägerei teilt: »schwarze gegen weiße, oder Kanacken gegen Normale, oder ein Einzelfall? Feige gegen Mutig, wie ihr wollt, aber immerhin ziehmlich multikulti« (Fehler im Original). Seine rassistischen Vorurteile münden bei Schmidt auch in Gewaltfantasien. Angesichts des Zuzugs von Flüchtlingen sieht er »einen Kampf auf den Straßen, den Feldern, in den Häusern und Wäldern« kommen. Er spricht von einem kommenden Bürgerkrieg, auf den es sich vorzubereiten gelte. Er forderte zudem auf seiner Facebook-Seite zum Kampf gegen MigrantInnen und Geflüchtete auf: »Rüstet auf, lernt Nahkampf, geht zum Schießen.«

Kampfsporttraining im »Thinghaus«
Grevesmühlen. Am 27. April 2019 fand in der Neonazi-Immobilie »Thinghaus« in Grevesmühlen ein Kampfsporttraining statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Kameradschaft »Aktionsblog Rostock«. Für das Training nutzen die Neonazis das Label »2Baltik Korps«, eine Gruppe, die durch die Rostocker Kameradschaft initiiert wurde und sich im klassisch-neonazistischen Duktus im »Kampf gegen den kranken Geist der einhergehenden Gesellschaft« sieht. Rund ein Dutzend Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg reisten für die Veranstaltung nach Grevesmühlen. Das Training bestand sowohl aus einem theoretischen Teil als auch zahlreichen praktischen Übungen aus dem Box- und MMA-Bereich. Die Veranstaltung war nicht die erste ihrer Art im »Thinghaus«. Bereits im Mai 2018 war in der Neonazi-Immobilie der Gründer des russischen Labels »White Rex«, Denis Kapustin aka Nikitin für einen Vortrag in Grevesmühlen zu Gast. Neben dem Vortrag wurde auch im Mai 2018 der »Straßenkampf auf dem Boden und mit dem Messer« trainiert.