Trump – Second Term

von Fabian Virchow
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 211 - November | Dezember 2024

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Religion & Glauben. In der Nähe des weißen Hauses: Sikhs for Trump

Der Wahlerfolg Trumps und der Republikanischen Partei ist weitreichend. Nicht nur konnte Trump auch in Wahlkreisen, in denen er zuvor bereits gut abgeschnitten hatte, noch zulegen – auch der Senat hat nun eine rechte Mehrheit. Harris hat bereits mitgeteilt, dass die Biden-Regierung die Amtsgeschäfte sorgsam übergeben wird.

Mit dem Presidential Transition Act von 1963  wurde ursprünglich geregelt, wie die Übergabe der Amtsgeschäfte abläuft, denn die erfolgreiche Partei muss Einblick in laufende Projekte und Aktivitäten bekommen und die Einstellung des politischen Personals organisieren. Dieser Übergang fand in der Vergangenheit recht geräuschlos statt – bis im Jahr 2020 die zuständige General Service Administration-Leiterin Emily Murphey, eine Regierungsbeamtin der Trump-Regierung, sich drei Wochen lang weigerte, Bidens Sieg anzuerkennen – eine Voraussetzung dafür, dass die Übergabe beginnen kann. Mit dem Presidential Transition Improvement Act von 2022 wurde dieser Schritt abgeschafft. Als Voraussetzung für die Vorbereitung bedarf es jedoch der Unterzeichnung einer Ethikverpflichtung und Vereinbarungen über die Offenlegung und Begrenzung von Spendengeldern für den Übergang; dies hat Trump im Unterschied zu Harris noch nicht getan.

Im Unterschied zur ersten Wahl zum US-Präsidenten haben sich Trump und die Republikaner nun systematisch vorbereitet, um dauerhaft Strukturen und Personal zur eigenen Machtsicherung einzusetzen. Mehrere konservative Denkfabriken haben als Ergebnis langjähriger Arbeit Pläne vorgelegt, was nun zu tun ist. Die Heritage Foundation hat eine umfassende Schrift erarbeitet (Project 2025), in der neben der Ausweitung exekutiver Befugnisse und einer weitreichenden Auswechslung des Personals in den Bundesbehörden (Kriterium nun: Loyalität zum Trump-Kurs) unter anderem die Unterstellung der Federal Communications Commission unter direkte Kontrolle des Präsidenten gefordert wird. Trump hat im Wahlkampf wiederholt behauptet, er habe mit dem Projekt nichts zu tun; eine Recherche der New York Times hat allerdings ergeben, dass etwa dreißig der vierzig Autor*innen der Schrift entweder in der ersten Regierungsadministration Trumps gearbeitet haben oder zu seinen Wahlkampfteams bzw. Teams für die Vorbereitung der Regierungsgeschäfte gehörten.

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Willard Hotel in DC, gegenüber vom Weißen Haus; dort sitzen die Trump-Leute, die zukünftige Regierungsbeschäftigte auf politische Zuverlässigkeit/Linientreue checken.

Zu den erklärten Prioritäten für die erste Phase der neuen Regierung gehören drastische Maßnahmen zum Stopp der Immigration und die Stärkung einer Agenda, die heteronormative Ordnungsvorstellungen wieder als Norm setzt. Dies verbindet Trump mit dem Ziel der Stärkung eines traditionalistischen Verständnisses des Christentums, denn Gott habe eben nur zwei Geschlechter geschaffen. Im Wahlkampf hatte er Harris immer wieder als anti-christlich bezeichnet, weil sie sich für die Normalisierung religiöser Vielfalt eingesetzt hat. Trump will die Dominanz des Christentums wieder herstellen. Vance hatte in Wahlkampfauftritten immer wieder formuliert, dass Christus König über alle Schöpfung sei. Und mit der Dominanz konservativer Richter*innen im Verfassungsgericht hat auch die Bedeutung von christlicher Religion in öffentlichen Räumen wieder zugenommen. Wenige Tage, nachdem das Gericht die Jahrzehnte alte Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch gekippt hatte, urteilte es, dass ein Trainer das verfassungsmäßige Recht habe, an der 50-Yard-Linie zu beten. In Alabama beispielweise zitieren Gesetzgeber der Republikanischen Partei häufig Bibelstellen, wenn Entscheidungen gegen LGBTQ+-Rechte oder Frauenrechte getroffen werden.

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In den letzten drei Präsidentschaftswahlen hat Trump jeweils gut 80 Prozent der Stimmen der Evangelikalen bekommen. Bemerkenswert ist, dass der Zuspruch zu traditionalistischen Auslegungen des Christentums insbesondere bei jungen Männern steigt. Die Botschaften – Frauen unterwerfen sich freiwillig ihren Ehemännern, die beiden Geschlechter haben je spezifische Rollen in der Ehe und in der Kirche – zielen auf die Stärkung der männlichen Vorherrschaft und sind entsprechend attraktiv für (junge) Männer, die sich benachteiligt fühlen und dafür den Feminismus und die Gleichstellungspolitik verantwortlich machen.

Trump und Vance haben im Wahlkampf deutlich gemacht, dass ihr Ziel die weiße Vorherrschaft ist und daher Massendeportationen stattfinden würden. Die von ihnen benutzte Sprache der Entmenschlichung bereitet solche Gewaltaktionen vor. Sie zeichnen ein Zerrbild migrantischer Gewalt und Kriminalität. Wie der Direktor für Einwanderungsstudien am Cato Institute, David J. Bier, in einem Gastbeitrag in der Washington Post verdeutlichte, zeigen Zahlen des nationalen Census-Büros, dass Migrant*innen – legal oder illegalisiert – maximal die Hälfte der Inhaftierungsrate von US-Bürger*innen erreichen, also besonders gesetzestreu sind. Mit Blick auf die Bekämpfung von Kriminalität verwundert es etliche Beobachter*innen zudem, dass während der Trump-Regierung mehr als 58.000 verurteilte Straftäter entlassen wurden, darunter 8.600 Gewaltverbrecher und 306 Mörder.

Das Justizsystem sieht Trump als Waffe, um seine politischen Gegner*innen einzuschüchtern und auszuschalten. Schon jetzt gibt es im Obersten Gericht eine starke konservative Mehrheit; der Senat – nach dieser Wahl ebenfalls durch die Trump-Partei kontrolliert – ist für die Bestätigung von Richter*innen zuständig. Derzeit sind vierzig Stellen von Bundesrichter*innen unbesetzt, weitere werden in den kommenden vier Jahren hinzukommen. Sie alle kann Trump nun mit treuen Gefolgsleuten besetzen. Systematisch wird an der Aushebelung der Gewaltenteilung gearbeitet.

Gerne hätte Trump in seiner ersten Regierungszeit auch das Militär eingesetzt, etwa zur Niederschlagung der Proteste gegen rassistische Polizeigewalt. Immer wieder bezog er sich auf den Insurrection Act von 1807, der es erlaubt, US-Militär im Innern einzusetzen. In einer Sitzung mit hohen US-Militärs beschimpfte er diese als „Loser“, da sie ihm widersprachen. Zum ranghöchsten Militäroffizier, General Milley, gewandt, sagte er mit Blick auf die Protestierenden: „Können Sie nicht einfach auf die schießen? Einfach nur in die Beine schießen oder so?“ Milley formulierte später, dass er sicher sei, dass Trump einen „Reichstag“-Moment finden werde, um massive Waffengewalt einzusetzen.

Der Wahlerfolg Trumps wird für die Arbeiter*innen, die zu einem großen Teil Trump gewählt haben, negative Auswirkungen haben: im Bereich der Arbeitssicherheit, beim Zugang zu Leistungen und Rechten für Arbeitnehmer*innen in der Gig-Economy und anderen Niedriglohnsektoren. Es wird zudem erwartet, dass eine der ersten Amtshandlungen sein wird, Jennifer Abruzzo zu entlassen. Sie spielte im National Labor Relations Board eine wichtige Rolle in den juristischen Auseinandersetzungen bei den Versuchen von Starbucks, Amazon und Tesla, sich die Gewerkschaften vom Hals zu halten. Der Gründer von Amazon, Jeff Bezos, ist inzwischen Besitzer der Washington Post. Diese war mit der Entscheidung, keine – traditionell pro-Demokratische Partei – Wahlempfehlung abzugeben, wenige Tage vor der Wahl stark kritisiert worden. Opportunismus und materielle Interessen des Eigentümers von einer zukünftigen Trump-Politik profitieren zu können, sind hier exemplarisch sichtbar geworden.