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Redaktion
Antifa-Magazin »der rechte rand« Ausgabe 201 - März | April 2023
Liebe Leser*innen,
Ende Februar folgten nach Polizeiangaben etwa 13.000 Personen dem Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zur Kundgebung »Aufstehen für den Frieden« in Berlin – die Veranstalter*innen sahen 50.000 Menschen. Im Vorfeld hatte Wagenknecht erklärt: »Jeder, der ehrlichen Herzens mit uns für Frieden demonstrieren möchte, ist willkommen.« Eine Einladung auch an die extreme Rechte wie die AfD, die versucht, sich als »Friedenspartei« zu inszenieren. Noch einen Tag vor der Kundgebung in Berlin hatte Björn Höcke bei einer AfD-Veranstaltung in Richtung Wagenknecht erklärt: »Ich bitte Sie: Kommen Sie zu uns!« Auch Jürgen Elsässer und sein rechtsradikales »Compact«-Magazin jubeln schon. Hatte das Magazin bereits im Dezember 2022 Wagenknecht als »[d]ie beste Kanzlerin. Eine Kandidatin für rechts und links« bezeichnet, erklärt der selbsternannte »Nationalrevolutionär« Elsässer nach der Kundgebung: »Um die Kriegstreiber zu stoppen, braucht es eine Querfront. Die Linken allein sind zu schwach, die Rechten ebenso.« Und mit der Zeile »Das einige Volk aber, das kann nicht besiegt werden« stimmt er das Lied »El pueblo unido« an, das in den 1970er Jahren zu einem Symbol des linken Widerstands in Chile gegen die Diktatur Augusto Pinochets wurde. Stehen wir wirklich am Beginn einer – vor allem von rechts – herbeigeredeten »Querfront« oder erleben wir bloß eine massive Umdeutung linker Symboliken? Diesen und anderen Fragen gehen wir in unserer aktuellen Ausgabe nach, denn der jetzt zu beobachtende Kitt des Antiamerikanismus war schon in den 1980er Jahren originärer Teil der westdeutschen Friedensbewegung – wenn auch aus anderen Gründen als heute. Angereichert um diverse Verschwörungsmythen traf man sich auch 2014 in der »Mahnwachen-Bewegung« für eine prorussische, antiamerikanische und national orientierte Sammlungsbewegung mit antisemitischen Versatzstücken. Dort trieben nicht nur Elsässer und Ken Jebsen ihr Unwesen. Überdies verlieh der vermeintlich linke Diether Dehm dem Ganzen durch seine Beteiligung den Charakter einer »Querfront« gegen den liberalen Westen und seine Werte mit Putin als Galionsfigur. Während der Corona-Pandemie kam es zu einem erneuten Schub an Verschwörungserzählungen, deren Feindbilder Neonazis und als »links« gelesene Spektren wie Esoteriker*innen und Hippies einen. Gerade zu Beginn der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen sahen sich Anhänger*innen der Extremismustheorie in ihrem Hufeisenmodell bestätigt. Dabei sollte damals wie auch heute klar sein, dass die als »links« begriffenen Akteur*innen lediglich ohne politischen Kompass umherirrlichtern. Für Linke ist eine Zusammenarbeit mit Faschist*innen ebenso wenig eine Perspektive wie das Wohl Deutschlands als Maxime einer Politik, die nichts weiter als Nationalismus ist. In diesem Sinn wünschen wir mit unserer neuen Ausgabe eine anregende Lektüre.
Eure Redaktion