Sprachrohr und Bindeglied

von Jörg Kronauer


Magazin "der rechte rand" Ausgabe 170 - Januar 2018

Die »Nachrichtenagentur idea« und ihre Zeitschrift »ideaSpektrum« sind in der evangelikalen Bewegung einflussreich.

Magazin der rechte rand Ausgabe 170

»Idea« auf der Leipziger Buchmesse 2018
© Mark Mühlhaus / attenzione

Es muss ein schwerer Schlag für Helmut Matthies gewesen sein. Die evangelikale Nachrichtenagentur »idea« wird ab 2020 nicht mehr von der »Evangelischen Kirche in Deutschland« (EKD) subventioniert. Die von ihr herausgegebene Zeitschrift »ideaSpektrum« ist das wichtigste Medium der evangelikalen Szene in Deutschland. Gleichzeitig stellt »idea« Verbindungen nach rechtsaußen her. Am 15. November 2017, nur wenige Wochen bevor Matthies zum 1. Januar 2018 seine 40-jährige Tätigkeit als Leiter der evangelikalen Nachrichtenagentur beendete, strich die Synode der EKD ihr die Zuschüsse. Hatte sie 2017 noch 132.000 Euro aus den Töpfen der Amtskirche erhalten, so werden es 2018 nur noch 90.000 Euro und 2019 lediglich 60.000 Euro sein. Ab 2020 soll der eingetragene Verein mit Sitz im hessischen Wetzlar keine EKD-Subventionen mehr erhalten. Er wird sich dann eigenständig finanzieren müssen.

Konservative bis rechte Bewegung
»idea« wurde 1970 als »Informationsdienst der Evangelischen Allianz« gegründet und einerseits als Sprachrohr, andererseits als einigendes Band für die konservative, teilweise weit rechts stehende evangelikale Bewegung in der Bundesrepublik konzipiert. »idea« gibt einen Pressedienst mit Meldungen heraus, die über die evangelikale Szene informieren oder evangelikale Positionen vermitteln. Zudem publiziert die Agentur seit 1979 die Wochenzeitschrift »ideaSpektrum«, die übergreifend von Evangelikalen unterschiedlicher Strömungen gelesen wird, zum Zusammenhalt der Bewegung beiträgt und längst das wichtigste Produkt der Agentur geworden ist. Das Blatt erscheint in einer Auflage von beinahe 28.000 Exemplaren, die laut eigenen Angaben jeweils von mehreren Personen gelesen werden. Ob es aber wirklich bis zu 100.000 LeserInnen pro Woche sind, wie »idea« behauptet, mag man bezweifeln, doch wird das Blatt von zahlreichen evangelikalen Gemeinden bezogen, in denen es zuweilen in Haus- und Gebetskreisen herumgereicht wird. Außer Frage steht, dass »ideaSpektrum« das einflussreichste Medium der evangelikalen Bewegung ist.

Gegen Linke, Feminismus und Islam
Die inhaltliche Ausrichtung der Nachrichtenagentur und vor allem der Zeitschrift hat Helmut Matthies maßgeblich geprägt. 1951 geboren, profilierte er sich während seines Theologiestudiums in den 1970er Jahren als scharfer Gegner linker Strömungen in der evangelischen Kirche. Er gab 1976 gemeinsam mit Jens Motschmann ein »Rotbuch Kirche« (Seewald Verlag) heraus, in dem mehrere Autoren für den Kampf gegen links warben und einer sich sogar für das südafrikanische Apartheidregime eine Bresche schlug. Matthies hat – wie einige andere »ideaSpektrum«-Redakteure auch – mehrmals Beiträge in der neu-rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit« (JF) publiziert, die ihrerseits immer wieder Meldungen der Agentur abdruckt. Er hielt 2006 auf dem JF-Sommerfest eine Rede und bekam 2009 den »Gerhard-Löwenthal-Preis«, den die JF gemeinsam mit der »Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung« vergibt. Auch in »ideaSpektrum« hat Matthies immer wieder rechte, insbesondere antifeministische und antiislamische Positionen vertreten. Typisch sind Überschriften wie das Broder-Zitat »Gehört der Islam zu Deutschland, gehört auch die Islamisierung dazu« oder auch »Kirchen spielen ‹unrühmliche Rolle› wie im 3. Reich«. Letztere Überschrift leitete im Dezember 2017 einen Artikel ein, der Äußerungen der Fraktionsvorsitzenden der »Alternative für Deutschland« (AfD) im Bundestag, Alice Weidel, breit referierte. Überhaupt finden Positionen der AfD – gerne unter dem Deckmantel angeblich neutraler Berichterstattung – eine erstaunlich positive Aufmerksamkeit in dem Blatt, das zuweilen auch Inhalte der JF in die evangelikale Szene transportiert hat.

Wirtschaftskontakte nach rechts
»idea«, die immer wieder aus linksliberalen und linken Spektren in der evangelischen Kirche heraus scharf kritisiert worden ist, führt seit 1999 einen »Kongress christlicher Führungskräfte« durch, der aus zwei Gründen eine größere Bedeutung hat. Zum einen versammelt er mit zuletzt 3.500 TeilnehmerInnen eine hohe Zahl teils einflussreicher konservativer ProtestantInnen. Zum anderen bringt er auch WirtschaftsvertreterInnen und Personen aus der äußersten Rechten zusammen. In der Vergangenheit gab es auf dem Kongress beispielsweise Vorträge des Direktors des »Instituts der deutschen Wirtschaft Köln«, Michael Hüther, sowie von ManagerInnen der »Commerzbank« und der »Deutschen Bank«, aber auch von Frauke Petry, als sie noch der AfD angehörte, und von der Antifeministin Birgit Kelle. Regelmäßig zugegen sind die evangelikalen Unternehmer Friedhelm Loh und Heinrich Otto Deichmann, zwei wichtige Sponsoren der evangelikalen Szene. Deichmann erwirtschaftet mit der größten Schuhhandelsfirma Europas einen Jahresumsatz von zuletzt 5,6 Milliarden Euro, während die »Loh Group« mit Sitz im hessischen Haiger – Unternehmenschef Friedhelm Loh gehörte zeitweise dem Präsidium des »Bundesverband der deutschen Industrie« an – auf einen Jahresumsatz von zuletzt 2,2 Milliarden Euro kam.

Kontinuität
Matthies bleibt »idea« auch nach dem Ende seiner Tätigkeit als Leiter erhalten. Er arbeitet seit dem 1. Januar 2018 im Vorstand des Vereins »idea e. V.« mit. Den Vorsitz hat mit Johannes Holmer ein Pastor aus dem mecklenburgischen Bülow inne, der sich mehrmals dafür ausgesprochen hat, AfD zu wählen. Dass sich der Kurs der Nachrichtenagentur und vor allem ihres wichtigsten Produkts »ideaSpektrum« unter Matthies´ Nachfolger Matthias Pankau ändern wird, steht kaum zu vermuten. Immerhin hat der sächsische Pfarrer schon in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ein Volontariat bei dem Blatt absolviert und ab 2006 dessen Redaktionsbüro Ost aufgebaut – er trägt die Ausrichtung des Blattes also seit Jahren mit.

Nur im ABO lesbar:

Ein Streifzug durch
die Medien der
christlichen Rechten

von Ulli Jentsch und Eike Sanders in der Ausgabe 172 Magazin »der rechte rand« Mai/Juni 2018

 

Nachtrag der Redaktion:
Ab Februar 2018 soll Helmut Matthies die Aufgabe des Vorstandsvorsitzenden des idea e.V. übernommen haben. Johannes Holmer ist demnach Stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Die Leitung von idea hat Matthias Pankau übernommen.