NS-Rap: Back again?

von Mathias Roth

Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 165 - März/April 2017

Vom RechtsRock zu Rap, vom Rap zum RechtsRock
Seit knapp 14 Jahren gibt es in Deutschland NS-Rap. Hierzu haben über 30 Rapper (davon nur eine Rapperin) um die 470 Lieder veröffentlicht, die allerdings nicht alle gerappt sondern vielfach auch gesungen wurden. Sowohl qualitativ, was die Rapfähigkeit und den Sound betrifft, als auch quantitativ die Veröffentlichungsanzahl der Lieder, gibt es hierbei große Unterschiede. Auch der Zugang der Einzelnen zum NS-Rap ist sehr unterschiedlich und kann grob in drei Bereiche untergliedert werden: Zum einen sind es organisierte Neonazis, die aus agitatorischem Zweck auf Rap setzen, zum anderen Neonazis, die davor schon im RechtsRock, zum Beispiel als Liedermacher, aktiv waren und sich musikalisch ausprobieren wollen; aber – und hierbei zeigt sich ein Potential des NS-Raps – auch Rapper, die schon zuvor unpolitischen Rap produzierten und sich erst im Laufe der Jahre von Jugendlichen mit rechter Ideologie zu Neonazis mit geschlossenem Weltbild entwickelt haben.
Als gemeinsame Grundlage aller drei Varianten zeigt sich, dass die AkteurInnen Mainstream-Rap hören und dem Genre gegenüber positiv gestimmt sind. Rechte Ideologien, der Habitus der Härte, der »Männlichkeit« und des Outlaws, die im Mainstream-Rap vorhanden sind, können ideologische Anknüpfungspunkte sein.

2005 – 2009: Anfang
NS-Rap hat seit 2005 verschiedene Entwicklungsphasen durchgemacht. Der Zeitraum von 2005 – 2009 kann als Anfangsphase betrachtet werden. Der Liedermacher Jan-Peter Kersting veröffentlichte 2005 mit dem Bandprojekt »Veritas Invictus« als erster Neonazi ein reines Raplied. Danach folgten ab 2006 diverse rechte RapperInnen, unter anderem »Bock« (Björn Michael Bock), »Dee Ex« (Mia Herrn), »Villian051« (Patrick Killat) und »Sash JM« (Alexander Klenke, 2013 wegen Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt), die sich im Laufe ihrer MusikerInnenkarriere radikalisierten.

2010 – 2014: Zuwachs
Ab 2010 starteten drei neonazistische Rap-Projekte – »N’Socialist Soundsystem«, »SZU« und »Natürlich« –, die ihre Werke professionell über einflussreiche RechtsRock-Labels, wie »PC-Records« (Yves Rahmel) und die »Gjallarhorn Klangschmiede« (Malte Redeker), veröffentlichten. Hinter diesen Projekten standen Neonazis, die davor an RechtsRock-Projekten beteiligt waren. 2011 kamen weitere Rapper dazu, die aber relativ unbekannt blieben, obwohl sie ihre Werke auf Youtube veröffentlichten. Im gleichen Jahr gab Julian Fritsch seinen offiziellen Übertritt in die neonazistische Szene bekannt. Er war davor jahrelang in linken Gruppen und Verbänden organisiert, geriet aber zunehmend wegen seiner homophoben, sexistischen und antisemitischen Punchlines in seinen Rap-Texten in Kritik. Ebenfalls in 2011 wurde mit dem Projekt »Legion N Rap« der Versuch gestartet, eine Plattform für NS-Rap zu etablieren. Eine CD mit sieben Rappern stellte den Anfang dar, gefolgt von einem Konzert mit 80 Gästen im Juni 2011 in Leipzig. Dies dürfte das erste Neonazi-Konzert in Deutschland gewesen sein, im Rahmen dessen nur NS-Rap-Projekte auftraten. Dennoch konnte sich »Legion N Rap« nicht etablieren und geriet schnell in Vergessenheit.
Mehr mediale Aufmerksamkeit bekamen in dieser Zeit Mia Herrn und Patrick Killat, beide veröffentlichen 2011/2012 zahlreiche Lieder und produzierten dazu selbstgedrehte Videos. Unter anderem drehten sie auf den Stelen des Holocaustmahnmals in Berlin und rappten dazu gegen die »EU Zionisten«. 2014 startete Killat das Projekt »A3stus«, dass keine reinen Rap-Lieder produzierte, sondern sich vielmehr am Stil der Liedermacher mit Rap-Parts orientierte. Hierbei ist vor allem der rassistische und antisemitische Track »Das ist für unsere Kinder« nennenswert, der auf Facebook und Youtube mehrere hunderttausend Male gesehen worden ist.

Ende 2014 schien der Zenit überschritten zu sein, das Interesse innerhalb und außerhalb der Neonazi-Szene flaute ab.