Welche Chancen hat Marine Le Pen?

von Bernard Schmid

Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 165 - März/April 2017

Der Wahlkampf um das Amt des französischen Staatsoberhaupts ist in vollem Gange.
Am 23. April ist der erste Wahltermin. Es ist davon auszugehen, dass von den antretenden KandidatInnen niemand die absolute Mehrheit erreichen wird. Die Stichwahl ist für den 7. Mai angesetzt. Der Kandidatin des »Front National«, Marine Le Pen, werden gute Chancen eingeräumt, diese zu erreichen – fraglich ist hingegen nur, ob sie dieselbe auch gewinnen kann.

^ Auch in Deutschland wird Le Pen gefeiert wie im Januar 2017 beim Kongress der AfD »Freiheit für Europa« in Koblenz

 

Der kubanische Botschafter in Paris war dort. Die Botschafter Saudi-Arabiens, Kambodschas, Vietnams und Taiwans auch, jener von Albanien soll ebenfalls anwesend gewesen sein. Aus den USA und China waren DiplomatInnen unterhalb des BotschafterInnenrangs gekommen. Insgesamt sollen »Vertreter aus 42 Ländern« dabei gewesen sein, unter ihnen Singapur und El Salvador, als die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen am frühen Abend dieses 23. Februar 2017 bei einer Konferenz ihre »Vision der internationalen Beziehungen« vorstellte. Französischen Medien war das eine längere Meldung wert, dagegen berichtete die französische Sparte des russischen Propagandasenders »Russia Today« (RT) ausführlichst über die Veranstaltung der französischen extremen Rechten.

Inhaltlich sprach Marine Le Pen insbesondere von einer Aufwertung der Beziehungen zu solchen Staaten, die Migrationsbewegungen in Richtung Europa verhindern können oder sollen. Ägypten unter Marschall-Präsident Abdelfattah al-Sisi bezeichnete die Chefin des französischen »Front National« (FN) in dieser Hinsicht wörtlich als »Wachturm, welcher uns gegen die Migranten verteidigen wird«. Ferner begrüßte die Tochter und politische Erbin des langjährigen Vorsitzenden der neofaschistischen Partei, Jean-Marie Le Pen – er stand von 1972 bis 2011 an der Spitze des von ihm mitgegründeten FN – den Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump als Hoffnungsschimmer und bezeichnete erwartungsgemäß Wladimir Putin als »Verbündeten«. In ihrer Rede schwang sich Marine Le Pen zu einer Vorreiterin einer »multipolaren Welt« auf.

Dazu passt ins Bild, dass sie die französischen Rüstungsausgaben sofort auf zwei, bis zum Ende der regulären Amtszeit des nächsten französischen Staatsoberhaupts (von Mai 2017 bis 2022) gar auf stattliche drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben möchte; dieses Ziel soll zudem in Verfassungsrang erhoben und im französischen Verfassungstext festgeschrieben werden. Was die Europäische Union betrifft, so proklamierte Marine Le Pen, es gelte »ihr ein Ende zu setzen«. Hier hat sie den Diskurs radikalisiert, nachdem der FN bei einem Strategieseminar im Februar 2016 das zuvor explizit formulierte Ziel eines Austritts aus der Euro-Währung zu relativieren schien. Die Position war innerparteilich in Frage gestellt worden, weil sich herausstellte, dass die umworbenen potenziellen WechselwählerInnen, die zwischen Konservativen und FN stehen, eher gegen diese Forderung eingestellt sind. Aber auch, dass um ihre Ersparnisse befürchtende RentnerInnen und KleinunternehmerInnen in der eigenen WählerInnenschaft die Aufgabe des Euro eher befürchten als erhoffen.