Merchandise und Aktionismus

von Volker Weiß
Magazin "der rechte rand" Ausgabe 163 - November 2016

Diese Anziehungskraft der Identitären auf Lichtmesz und Kubitschek dürfte vor allem auf einen Wiedererkennungseffekt zurückzuführen sein. 2007 hatte Kubitschek eine kleine Schrift mit dem Titel »Provokationen« vorgelegt, in der er Möglichkeiten auslotete, neu-rechte Inhalte an die Öffentlichkeit zu bringen. Angesichts der verbreiteten Indifferenz gegenüber der nationalen Frage lautete seine Diagnose: »Es fehlt eine Kriegserklärung. Wie in langer Dämmerung wird nach und nach offensichtlich, was derjenige, der wach war, als Eskalationsstufen längst wahrnehmen konnte.« Die identitäre Kriegserklärung war – gepaart mit dem islamistischen Terror in Europa – nun ein greifbarer Ansatz. Zuvor hatte »Sezession« bereits begeistert über die »Faschisten des 3. Jahrtausends« in der römischen »Casa Pound« berichtet, deren Stil sich deutlich mit dem der IB deckte. Zum anderen hatten sie selbst 2008/2009 mit ähnlich provokanten Formen experimentiert. Als »Konservativ-Subversive Aktion« (KSA) hatte ein Trüppchen um Kubitschek versucht, mit der Störung von Lesungen und Kongressen in die Medien zu kommen. Das an linken Protestmethoden geschulte Kalkül, durch Auffälligkeit eine mediale Plattform für die eigenen Botschaften zu erobern, hatte allerdings mangels Substanz nicht verfangen. Als das Bild der Moscheebesetzer aus Frankreich durch die Medien ging, fühlte man sich an das eigene Konzept erinnert. Ohnehin gab es in der neu-rechten »Familiengeschichte« bereits ähnliche Aktions­formen. So agierte in den 1950er Jahren eine »Konservative Front« um die Brüder Marcel und Robert Hepp, die Vorlesungen störten und Flugblätter verteilten. Das Projekt war durch die Erzählungen von Armin Mohler in die Annalen der Neuen Rechten eingegangen. Wenn auch der Erfolg in Deutschland ausblieb, so machte sich Kubitscheks Verlag »Antaios« erfolgreich daran, identitäre Literatur aus Frankreich zu übersetzen, allen voran die »Revolte gegen den Großen Austausch« von Renaud Camus.

Etwas mehr Fahrt nahm das Projekt auf, als der österreichische Identitäre Martin Sellner im Mai 2015 als Autor bei »Sezession« auftrat und einen engen Schulterschluss mit Kubitschek vollzog. Die wichtigsten Kader der deutschen IB leben in Österreich, allen voran Martin Sellner und Martin Lichtmesz. Dies markiert einen wesentlichen Unterschied zur dezentralen Struktur der anderen europäischen IB-Segmente. Sie steht in der Tradi­tion des »alldeutschen« Gedankens der deutsch-österreichischen Einheit, ganz im Sinne des klassischen völkischen Nationalismus.
Neben der Nähe zu den Medien und AkteurInnen der Neuen Rechten ist für die IB auch die AfD besonders interessant. Im Sommer 2016 wurden Papiere der hessischen IB bekannt, in denen Strategien diskutiert wurden, »einen Fuß oder mehr in die AfD zu bekommen«. Neben den ostdeutschen Landesverbänden weist die hessische AfD mit dem von der »Jungen Freiheit« unterstützten Martin Hohmann ein Profil auf, das für die IB besonders attraktiv ist. Zudem gehört ihr der »Sezessions«-Autor Andreas Lichert an, der im Trägerverein des zugehörigen »Instituts für Staatspolitik« aktiv ist und der IB bereits Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hatte. Von engen Verbindungen der AfD-Jugendorganisation »Junge Alternative« in Baden-Württemberg zur IB berichtet Andreas Speit in seinem neuen Buch »Bürgerliche Scharfmacher«.