Kein Kampf um den Campus

von Lucius Teidelbaum
Magazin "der rechte rand" - Ausgabe 162 - September 2016

Die einst als ‹Professoren-Partei› bezeichnete »Alternative für Deutschland« tut sich schwer mit ihrer Ausdehnung auf Universitäten und Hochschulen. Die Versuche eigene Hochschulgruppen zu gründen sind unbeständig und verfangen nur wenig. Resonanz gibt es stattdessen unter Korporierten.

Für die extreme Rechte sind Universitäten seit 1968 ein schwieriges Terrain. Die Versuche der NPD mit dem »Nationalen Hochschulbund« und der »Republikaner« mit dem »Republikanischen Hochschulverband« blieben marginal und scheiterten nach einiger Zeit. Auch unabhängige rechte Hochschulgruppen wie der »Ring freiheitlicher Studenten« oder der »Gesamtdeutsche Studentenverband« gehören schon länger der Vergangenheit an.
Seit der Gründung der »Alternative für Deutschland« (AfD) versuchen nun auch deren Parteimitglieder universitäre Ableger zu gründen. Von 2013 bis Mitte 2016 gab es AfD-Hochschulgruppen in Baden-Württemberg (Tübingen, Mannheim, Freiburg), Bremen, Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf, Münster), Niedersachsen (Göttingen), Hessen (Kassel, Darmstadt, Frankfurt am Main, Marburg), Bayern (Augsburg, München, Würzburg, Bayreuth), Thüringen (Erfurt), Sachsen (Mittweida) und Sachsen-Anhalt (Magdeburg).

 

^ Antifaschistischer Protest in Erfurt 2015 gegen
Gauland und die »Campus Alternative«

Schnelle Auflösungserscheinungen

Doch kamen sie in Marburg und Bremen offenbar nicht einmal über die Gründungsankündigung hinaus. Andere traten nur als Facebook-Gruppen in Erscheinung (Augsburg, Bremen, Darmstadt, Tübingen) oder haben ihre Aktivitäten wieder eingestellt, wie in Mannheim, Mittweida und Göttingen. In Frankfurt am Main löste sich die Hochschulgruppe wohl wegen des innerparteilichen Konflikts auf; ebenso die Freiburger Gruppe, die geschlossen zur AfD-Abspaltung »Allianz für Fortschritt und Aufbruch« (ALFA) überlief und seitdem unter dem Namen »Campus Reformer Freiburg« firmiert. Offensichtlich sind hier neo- und ordoliberale Volkswirtschafts-Studierende dem geschassten Parteivorsitzenden Bernd Lucke gefolgt.

Wenig Aktivitäten

Jenseits von Facebook waren zur Jahresmitte 2016 lediglich die Gruppen in Kassel, Düsseldorf, München, Würzburg, Bayreuth, Münster und Magdeburg wahrnehmbar, wobei die letzten beiden erst in diesem Jahr gegründet wurden. Damit sind die aktiven Ableger überschaubar, die fast ausschließlich von Männern gestellt werden, nicht selten mit korporiertem Hintergrund. So war Michael Werl, Sprecher der AfD-Hochschulgruppe an der Universität Kassel, zeitweise bei der »Burschenschaft Germania Kassel« aktiv. In Düsseldorf sind mit Yannick Noe und John David Haase zwei Mitglieder der »Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf« involviert. Und in Göttingen ist Lars Steinke Vorsitzender der Hochschulgruppe der AfD-Jugendorganisation »Junge Alternative«; er trägt das Band der »Burschenschaft Hannovera Göttingen«. Doch nicht nur Mitglieder der deutschnationalen Burschenschaften können sich für die AfD begeistern. Amon David Blatz, Vorsitzender der »Campus Alternative Würzburg«, war in der »Katholischen Studentenverbindung Walhalla Würzburg« organisiert.
Zwar versuchten die Gruppen vereinzelt öffentliche Veranstaltungen auszurichten, diese stießen jedoch häufig auf antifaschistische Gegenproteste. Die Tumulte beim Auftritt des AfD-Vizevorsitzenden Alexander Gauland am 23. Januar 2015 in Erfurt haben wohl alle Aktivitäten der dortigen »Campus Alternative« zum Erliegen gebracht.
Thematisch haben die AfD-Studierenden zumeist ein gemeinsames Feindbild: die »Allgemeinen Studierendenausschüsse«, insbesondere jene, die als links bekannt sind. Neben der Kritik an deren Ausgaben wollen sie das Rad der Zeit an den Universitäten gänzlich zurückdrehen. Die Hochschulgruppe in Kassel fordert in ihrem Wahlprogramm, den Studierenden »historische Ereignisse und Personen in der deutschen Geschichte« näherzubringen und ihnen ein »patriotisches Wertebild« zu vermitteln. Zudem ist sie gegen die Zivilklausel, die eine Verbindung von ziviler und militärischer Forschung verbietet. Ansonsten stört sie sich an Gender-Studies und diskriminierungsfreier Sprache, insbesondere die Umbenennung von ‹Studentenwerk› in ‹Studierendenwerk› ist ihr ein Dorn im Auge – alles Positionen, die auch vom CDU-Studentenverband »Ring Christlich-Demokratischer Studenten« stammen könnten.

Universitäten sind keine AfD-Hochburgen

Die Partei hat bisher offenbar keinen Plan für eine bundesweite Struktur der Hochschulgruppen. Selbst die Namensgebung ist nicht einheitlich. Meist heißen sie »AfD-Hochschulgruppe«, in Bayern fungieren sie als »Campus Alternative« und in Kassel trat sie unter dem Namen »Junge Alternative Uni Kassel« in Erscheinung. Sie traten kaum zu Wahlen an und wo sie es versuchten, wie in Göttingen, scheiterten sie. Bisher gibt es nur zwei Vertreter in den Studierendenvertretungen. Mit 3,1 Prozent der Stimmen erhielt die AfD-nahe Liste »Bund Freiheitlicher Studenten« an der Universität Kiel im Juni dieses Jahres einen Sitz im Studierendenparlament. Einen Monat später entsandte die Gruppe in Kassel mit 4 Prozent ebenfalls einen Delegierten. Doch der Sprung an die Hochschulen ist der AfD noch nicht gelungen. Lediglich in Bayern scheint die Ausdehnung gezielter vonstatten zu gehen: dort treten die Gruppen mit einheitlichem Namen und gemeinsamer Internetpräsenz auf.
Zwar ist das Interesse für die AfD bei den Burschenschaften groß, doch sie haben beide dasselbe Problem: öffentliche Auftritte stoßen auf Gegenprotest. Zudem sind viele Studentenverbindungen politisch gemischt und ihre »Alten Herren« stehen eher der Union nahe. Am deutlichsten für die AfD positionieren sich noch die Mitgliedsbünde der »Deutschen Burschenschaft« und des geplanten neuen Dachverbandes »Allgemeine Deutsche Burschenschaft«. Sie sind allerdings wie die AfD bisher in den meisten Universitätsstädten isoliert.