»White Supremacy« gegen Obama

von Carl Kinsky

Magazin »der rechte rand« - Ausgabe 161 - Juli 2016

die »Feinde der USA und Israels« (vor allem gegen MuslimInnen und den Präsidenten). Obwohl Obama oftmals als größtes Feindbild der »white supremacy« gesehen wird, sind die Ansichten innerhalb der extremen Rechten in den USA zu diesem Thema durchaus differenzierter zu betrachten.

Obama als »Chance«

Jeff Schoep, Anführer der größten neonazistischen Organisation in den USA, des »National Socialist Movement« (NSM), schrieb kurz nach der ersten Wahl Obamas ein Positionspapier mit dem Titel »Why Obama is Good for Our Movement« (»Warum Obama gut für unsere Bewegung ist«). Darin vertritt er die These, die Wahl Obamas sei eine Chance für die neonazistische Bewegung, da seine Präsidentschaft eine breite Angriffsfläche biete und seine Politik die weiße Bevölkerung erzürne. Beiläufig bemerkte er auch, der geplante Anschlag von Schlesselman und Cowart sei glücklicherweise missglückt. Schoeps Ansatz wird auch von anderen im NSM vertreten. In einem Interview 2015 drückte Brian Culpepper vom NSM in Tennessee seine Wut über die Präsidentschaft Obamas aus, da die USA eine »weiße Nation, gegründet von und für Weiße« sei. Eben diese Wut versucht die NSM durch rassistische politische Agitation im Sinne eines »Rassenkrieges« zu schüren, vor allem nach dem rassistischen Massaker am 17. Juni 2015 auf afroamerikanische Gemeindemitglieder der »Emanuel African Methodist Episcopal Church« in Charleston (im Bundesstaat South Carolina). Damals erschoss der 21-jährige »white supremacist« Dylann Roof neun Menschen. Zuletzt koordinierte Schoep im April 2016 die Gründung einer bundesweiten Dachorganisation konkurrierender »white supremacists« im Bundesstaat Georgia, darunter die NSM, der KKK und die »Aryan Nations« (AN), die sich »Aryan Nationalist Alliance« nennt.

Im Gegensatz zu Schoep bewertete Tom Metzger, Gründer von »White Aryan Resistance« (»Weißer Arischer Widerstand«, WAR), die Präsidentschaft Obamas vermeintlich positiv. Einem in der extremen Rechten populären Deutungsmuster folgend, behauptete er in einem Interview im Juni 2008 mit Verweis auf Obamas Autobiographie, dieser sei ein Rassist, auch wenn er seine wahren Ansichten verheimliche. Er, Metzger, habe keine Probleme mit schwarzen Rassisten. Dieser vermeintlich positive Bezug zu Obama kann nur im Kontext der Querfrontstrategien von Metzger verstanden werden. Damit propagiert er seit 1985 im Sinne des »racial separatism« (»Rassenseparatismus«) die Zusammenarbeit mit extrem rechten schwarzen nationalistischen Organisationen wie der »Nation of Islam« (NOI), wobei insbesondere der Antisemitismus einen wichtigen gemeinsamen Bezugspunkt darstellt. Metzger beteuert, transnationale Konzerne (verkürzt »das System«) mehr zu hassen als Menschen schwarzer Hautfarbe. Auch das darf als Teil einer Querfrontstrategie verstanden werden, um sich Sympathien außerhalb der extremen Rechten zu erwerben. Allerdings bringt sich Metzger in eine widersprüchliche Position: auf der einen Seite der positive Bezug auf den angeblichen »Rassismus Obamas«, andererseits sein Hass auf »das System«, dessen höchster Repräsentant wiederum Präsident Obama ist.

»Nur ein weiterer Meilenstein in die falsche Richtung«

Als lediglich einen »weiteren Meilenstein in die falsche Richtung« fasste der prominenteste weiße Nationalist der USA, Jared Taylor, im April 2016 in einem Interview mit »The Washington Post« die Präsidentschaft Obamas zusammen. Taylor, Journalist und Herausgeber des Online-Magazins »American Renaissance«, vertritt einen selbst definierten »racial realism« (»Rassischen Realismus«). Er nimmt sich selbst als Sprachrohr einer angeblich schweigenden Mehrheit weißer US-AmerikanerInnen wahr und sieht mit dem Ende der Präsidentschaft Obamas seine eigenen rassistischen Theorien bestätigt. Trotz der hohen symbolischen Wirkung eines schwarzen Präsidenten sei ihm von Anfang an klar gewesen, dass dies nicht bedeute, dass »die Gesellschaft sich in irgendeiner Weise (im Sinne einer ethnischen Desegregation) verändern« würde. Er betont, Obama sei ein »Präsident für alle Amerikaner« und kein »‹race man› im traditionellen Sinne«. Taylor sieht in der Politik Obamas mit Blick auf die »illegale Einwanderung« jedoch einen großen Rückschritt für seine Vision einer (mehrheitlich) weißen Nation. Er konstatiert zudem eine Ernüchterung bei dem Versuch, während der Amtszeit Obamas den Rassismus zu überwinden, was er als weitere Bestätigung seiner eigenen Position anführt. So drückt sich die kaum versteckte Freude weißer NationalistInnen darüber aus, dass die Präsidentschaft Obamas nicht zu einem Ende des tief sitzenden Rassismus in der Gesellschaft geführt hat, eine Feststellung, die wiederum zur Propagierung der eigenen rassistischen Vorstellung einer weißen Nation genutzt wird. Folgerichtig unterstützt Taylor auch den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.