Drei Jahre Rechtsruck

von Kai Budler

Magazin »der rechte rand« - Ausgabe 160 - Mai 2016

Aufmarsch der AfD im Oktober 2015 in Passau

Aufmarsch der AfD im Oktober 2015 in Passau

Schießbefehl, Zusammenarbeit mit dem »Front National« oder die Schließung der Außengrenzen. Die »Alternative für Deutschland« hat sich seit ihrer Gründung deutlich radikalisiert.

Nachdem 2010 das Buch »Deutschland schafft sich ab« des Sozialdemokraten Thilo Sarrazin erschienen war, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts »Emnid«, dass sich 18 Prozent der Befragten vorstellen könnten, eine Partei mit Sarrazin als Vorsitzenden zu wählen. Knapp ein Drittel dieser fiktiven WählerInnen hatten zu diesem Zeitpunkt »Die Linke« gewählt, 17 Prozent stammten aus dem Lager der CDU. Unterstützung hatte Sarrazin bereits ein Jahr zuvor von Hans-Olaf Henkel erhalten, dem ehemaligen Präsidenten des »Bundesverbandes der Deutschen Industrie« und Professor an der Universität Mannheim. Nach Sarrazins rassistischen Äußerungen ein Jahr zuvor in der Zeitung »Lettre International« hatte Henkel dem Autoren den Rücken gestärkt und gesagt: »Auch persönlich wollte ich Ihnen noch einmal zurufen, dass ich Ihre Äußerungen ohne jedes Wenn und Aber unterstütze (…). Dass Sie sich auch in der Ausdrucksweise nicht vergriffen haben, liegt für mich ebenfalls auf der Hand.«

Rechte Wahlalternative

Sein politisches Zuhause fand Henkel 2013 nach einem Umweg über die FDP und die »Bundesvereinigung Freie Wähler« im Bündnis »Wahlalternative 2013«, dessen Gründungsmitglied er war. In dem 2012 gegründeten »Verein zur Unterstützung der Wahlalternative 2013« fanden sich spätere Funktionäre der AfD, wie Konrad Adam, Bernd Lucke oder Alexander Gauland, die vor allem die Kritik an der Euro-Rettungspolitik einte. Zu den HauptunterzeichnerInnen der »Wahlalternative 2013« gehörte aber auch bereits Beatrix von Storch, Gründerin und Sprecherin des Kampagnennetzwerks »Zivile Koalition e. V.« mit der angeschlossenen »Initiative Familienschutz«, die vor allem durch homophobe Einstellungen und ein reaktionäres Frauen- und Familienbild aufgefallen war. Von Anfang an war die »Wahlalternative 2013« darauf ausgelegt, eine rechte Sammlungspartei zu initiieren und ging daher im Februar 2013 in der »Alternative für Deutschland« (AfD) auf. Wie bereits in der »Wahlalternative« waren die führenden Köpfe bei der Gründung Adam, Gauland und Lucke. Beim ersten offiziellen Auftritt der Partei wurden zusätzlich von Storch und Joachim Starbatty vom ehemaligen »Bund freier Bürger« als Führungspersonal präsentiert. Nur einen Monat später folgte der offizielle Gründungsparteitag, bei dem Lucke, Adam und Frauke Petry zu ParteisprecherInnen gewählt wurden. Im Mai 2013 hatte die AfD bereits Landesverbände in allen Bundesländern. Auf dem Gründungsparteitag in Berlin wurden auch das Bundestagswahlprogramm und die politischen Leitlinien der AfD verabschiedet. Bis zum Parteitag in Stuttgart Ende April 2016 waren sie das einzige offizielle Papier zur programmatischen Ausrichtung der Partei.